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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 11.12.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-12-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19031211018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1903121101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1903121101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1903
- Monat1903-12
- Tag1903-12-11
- Monat1903-12
- Jahr1903
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 11.12.1903
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Die l «valnae Arun' ^»>le ica. « Silben« L, Piz, Kn, kündi-ungen uui der Privat,eür Fe, o 2b Pf--: die sivaltiacZeile als .Eu> aeiMdt' oder auf Tertteite so P„ 8n Nummern nach Sonn- und iicier tagen I- bez rivaltiae Gruodieileu ao. « be» so uud so V'g ua» b, ivndercm Tari« LuSwüriiac Lu, träge nur gegen Porausbeiadiung Belegdlätter werden mit loPsg. berechnet Sernsvrechanichlutz, «»» k «r. U und Rr. 20»,» Ivlur »vsvrs E llolur »vfors I«lvdvp1?ANVMUli8lvll ff Vorsnock mwk ausviii-ts. S ^ Löalzl. llok»poU»oks, Vrvsäöll. Vsorxsutor. h MM« RN-oi UdilMMW vsrsclü-ckensr 8tLrke. rerlext «m<> »IMt-lext livtsrt Lls 8ps»taIttLt ckis karlcvttkadrilc Lvlllv Vr«ä»-4, 8rcI»«,.4Ile» S. keivrpreclier t. MS?. ^ r1«I«r 5t«»«»- >o>e «t»eel»rli«r vcUvräni. ^ ««oMMmk lllMkH Ml D4VL8IIVIIV - LI LKD«. I ieilD »LVVLRL« 8I«L88k! 1». lvt'virnpi' 1867 SrL488LMLllS.fl4l.7ll87cU.fl: IttUi. »4Ü7MLL 87L. - LMrvllL87llfl 87». LsxElUrm« - 0- 4- kotE s.M iKÜi'Ilk fpp 8 fl- 17 sttM ÜllAtt st IVI ou. >», 5mtt>«»»tm»i> 8 Eli- Atzisgk!' Elaldebalte im Reichstag. Hofnachrickten, Landtagsoerdandlnngen, Obeirechmingskammer, Gciichtsveih,nolniigcii. Elbgansänger>'»»d, „Blondkl'chkn". WeihnachiSschau. Mntmaßl. Witterung: Mild, wolkig. »' sreitlill, 11.Dezember NW3. Erster Tag der Gtat«»Debatte üu Reichstag. Bei der ElatSdebatte gilt in allen Parlamenten der Grundsatz, dich die Redner sich nicht streng an die finanziellen Gesichtspunkte zu halten brauchen, sondern Schlaglichter allgemeinen Charakter- aus öffentliche Zustände und Verhältnisse werfen dürfen, die mit den eigentlichen budgetären Angelegenheiten nur in mehr oder weniger losem Zusammenhänge stehen. In unserem deutschen Reichs, läge insbesondere hat sich im Anschlüsse an diese parlamentarische Siccnz die Gepflogenheit einer weit abschweifenden Behandlung des Etats herausgebildet, so daß alle Elemente, die bei der „Verdau ung" der reichstäglichen Kost irgendwie in Mitleidenschaft gezogen werden, vom Präsidenten bis zum Zeitungsleser regelmäßig ein gelindes Grausen zu befallen pflegt, wenn bei der Etatsberatung die einzelnen Redner mit einer erbarmungslosen Ueberfülle von rhetorischen Genüssen aufwarten. Da helfen keine Mahnungen an die Kostbarkeit der Zeit, keine Hinweise auf die Notwendigkeit einer beschränkenden Selbstzucht. Der Trieb, sich selbst ivrechen zu hören und wohl auch zum Fenster hinaus zu den Lhren der großen Maske zu reden, ist bei den meisten 'Abge ordneten derartig ausgcbildet, daß er alle anderen Regungen unter, drückt So rollt sich denn jedesmal bei der Etcvtsdebattc das selbe Bild auf: die einzelnen Abgeordneten sprudeln aus dem Ge hege ihrer Zähne eine Unmenge von allen möglichen nud unmöglichen Beschwerden, Wünschen. Klagen hervor, halten grimmige „Abrechnungen" mit einzelnen Ministern, über die sie sich verschnupft fühlen, tragen mit dem üblichen Brustton der lleberzeugung ihre parteipolitischen Sonderinteressen zur Schau und überbietcn sich auf radikaler Seite in agitatorischen Ausfällen und unerfüllbaren Forderungen. Zu allem Nebenfluß pflegt der Rede drang, der bei der allgemeinen Debatte doch schon so ausgiebig zu seinem Recht gekommen ist. bei der späteren Beratung der ein zelnen Refforts nach nochmaliger Betätigung zu lechzen, und so geht es mit Grazie ins Unendliche weiter, bis schließlich das ge bieterische Befehlswort der Verfassung, krast dessen der Etat bis zum l. Avril, dem Beginne des jedesmaligen Etatsjahrcs, fertig- gestellt sein muß. die noch keineswegs befriedigte Redelust ein- tmumr und selbst dem beweglichsten Mundwerke Zaum und Zügel erlegt T:e>es Mal hatten Optimisten sich in der Hoffnung gewiegt, tasi die finanziellen Fragen einen breiteren Raum in den Ver handlungen entnehmen würden, und zwar mit Rücksicht aus den llmjiand, daß die Finanzlage mit ihren steigenden Noten sich der besonderen Aufmerksamkeit der Abgeordneten immer greifbarer und dmtücher am zwingt: außerdem glaubte man auch von der zur Be ratung stehenden „kleinen Reichsfinanzreform" einen Anreiz zu sachlicher Erörterung des Etats erwarten zu dürren. Der Verlauf des ersten Tages der Etatsberatung hat jene Voraussetzung jedenfalls nicht erfüllt. Der Reichsschatzsekretär Frhr. von Stengel hielt sich allerdings, wie das ja selbstverständlich ist. streng an lein Thema, dessen natürliche Trockenheit er auch imr durch die llcmne Beigabe von rhetorischem Schmuck oder humoristischer Zutat ou würzen verschmähte. Herr von Stengel war vielmehr, wenn man ia sagen dark, „sachlich bis über die Ohren" und beschränkte sich üaraut. dem Reichstage ohne jede neue originelle Gruppierung noch mals das dürre, mit vielfachen Dcfizitknochevbrüchen versehene Zahlengerippe vorzuführe». das in allen wesentlichen Einzelheiten bereits aus den bisherigen Mitteilungen über den Etat bekannt geworden ist. Der Minister befand sich ersichtlich in keiner beson ders günitige« Disposition: selbst der Leser, der nicht unter dem unmittelbaren persönlichen Eindrücke des Redners steht, merkt den Ausführungen Herrn von Stengels an. daß ihm der Aerger über die Haltung des Zentrums gegenüber der Vorlage über die Reichs» fnanzreform in den Knochen log. Wandelte der Reichsschatzsekretär gar zu genau aus den Spuren bilanzieller 'Nüchternheit, so tummelte sein bayrischer Landsmann, a-r muntere Seifensickrer de« Zentrums Dr. Schädler. um so leb- hasicr sein Steckenpferd nach allen Richtungen. Ein gewisses pikantes Interesse bot zunächst der Umstand, daß der Redner mit einem Ausdrucke der Teilnahme an dem Befinden deS Kaisers begann. Dabei mutz man unwillkürlich der scharfen Ausfälle gedenken, zu denen sich derselbe Herr Schädler an derselben Stelle im Vorjahre bei der Besprechung der Swinemünder Depesche hinreitze« ließ, in der Kaiser Wilhelm dem Prinzregenten gegenüber feinen Anmut über die aus politischer Rancune erfolgte Verweigerung der Forderungen zu Ärmstzwecken im bayrischen Etat durch die illtramoutancn ausgesprochen hatte. AlSdann sprengte Herr Dr. Schädler mit eingelegter schwarz bewimpelter Lanze bald gegen diesen, bald gegen jenen Feind, den sein scharfes Späherauge irgendwo, und sei es auch in nebelgrauer Ferne, erblickte. In über zweieinhalbstündiger Rede lietz Herr Dr. Schädler so ziemlich alles, was da kreucht und fleucht, vor dem Reichstage Revue passieren. Der Metzer Dilse-Prozetz, Soldatenmitzhandlungen, Handelsverträge, Fleischbeschau. Einquartierungslast. Handwerk« und Mittelstandsfragen. Warenhäuser, Rechtsfähigkeit der Beruf* vereine. Ausncchmegesetze, Diäten. Welfen. Ostmarkmgulagen. Geschlechtskrankheit««, christliche Weltanschauung und — zuletzt, nicht am wenigsten — der Kwileckaprozeß — das -sg olles im bunten, kaleidoskopartigen Wechsel an den Aihürern der Schädler- 'chm Danerleiftunv vorüber, fodatz «an die Heiterkeit, die bei dem kühnen Schluhsprunge des Redners aus den Äwileckaprozcß hinüber im Hause ausbrach, sehr begreiflich finden muß. Auch die auswärtige Politik bedachte der bayrische Zentrumsführer mit einem sanften Scherze: er meinte nämlich, die fremden Mächte tanzten augenblicklich so viele Bülowsche „Extratouren", daß Deutschland darüber in Gefahr geriete, zum „Mauerblümchen" zu werden. Irgendwelchen tieferen rednerischen Eindruck kann natürlich ein derartiges Sammelsurium von Einzelheiten nicht machen. Da wird Herr Bebel, der nach Herrn Schädler vom Leder zu ziehen bestimmt ist, wohl wirksamere rhetorische Effekte hervorzurufcn verstehen, während die dann folgenden Redner der konservativen, nationalliberalen und freikonseroativcn Partei, sowie der freisinnigen Volkspartci, für die der alte, gewiegte Etatkenner Eugen Richter aus den Plan tritt, die Debatte nach Möglichkeit innerhalb der sachlichen Grenzen zu halten bestrebt sein dürsten. Der Vorlritt des Herrn Schädler bei dem Rcde- turnicr beruht auf einer in den letzten Jahren angenommenen parlamentarischen Hebung, krast deren bei der ersten Lesung des Etats die Reihenfolge der Redner nach der Stärke der Fraktionen bestimmt wird. Soweit der Etat in Frage kommt, sei hier aus den umfang reichen Darlegungen des Reichsschatzsekretärs nochmals in knappster Form hervorgehoben, datz das Defizit des Reiches für 1902 sich auf 30Z4 Millionen beläuft, datz ferner für das laufende Finanzjahr 1903 ein Fehlbetrag von rund 20 Millionen schätzungsweise zu erwarten ist, und daß endlich der Etat für 190-1 zu seiner Finanz'erung eine Anleihe von 214',s» Millionen Mark erfordert, das sind 20 Millionen mehr gegen den Etat für 1903: außerdem entfällt auf die Emzelstaaten eine Summe von rund 24 Millionen Mark in Form ungedeckter Matrikularbeiträge. Solche durch Ueberweijungen nicht ausgeglichene Matrikular- beiträge bilden einen der wundesten Punkte in dem finanziellen Verhältnis der Einzelstaaten zum Reiche, und hierin soll, wenn die jetzige „kleine Reichsfinanzreform" bei der Mehrheit des Reichstags Gnade findet, in Zukunft Wandel eintreten. Nach den Ausführungen des Reichsschatzsekretärs ergibt sich nunmehr dos folgende vollkommen klare Bild von der geplanten Aende- rnng im Finanzwesen oes Reiches mit Bezug aus die Matrikular- beiträge und die Fronckenstcinschc Klausel: Die im Jahie 1879 ans Betreiben des Zentrums eingeführte Fraiickeiislcsiückie Klausel bestimmt, daß derjenige Ertrag der Zölle und der Tabassstuer. der die Summe von 130 Millionen Mark in einem Jahre übersteigt, den einzelnen Bundesstaaten nach Maß gabe ihre Malrikularbcilrüge übeiwtesen werden soll. Durch be sondere Gesetze aus den Jokren 1687. 189ö und l'.M wurde weiter festgesetzt, das; auch die Branntwciiiverbranchsabgade und die Reichsstcmpelsteuern, und zwar ihrem gesamten Reinerträge nach den Bundesstaate» zu überweisen sind. Nunmehr soll daS Reich nach der Vorlage die Zölle, die Tabaksteuer und die Stempelsteuern ganz für sich allein behalten: insoweit fallen also die lieber- Weisungen an die Bundesstaaten und die Franckensteinsche Klausel gänzlich fort. Die Brannttvclnvcrbrauchsabgabe soll dagegen als UeberweiinngSstener beibehalten werden, aber nicht, wie bisher, ihrem ganzen Reinerträge nach, sondern nach dem Maßstabe der Franckcnstkinschen Klausel: hier, wo sie früher nicht bestand, wird also die genannte Klausel neu rüigesühtt, lediglich aus dem tak tische» Grunde deS Entgegenkommens gegen das Zentruui, für daS die sachlich durchaus entbehrliche Franckcnstrtnsche Klausel eine Art von finanzpolttischer Reliquie bildet. Der Haupteinwand, den man sowohl aus Kressen deS Zentrums, wie des linksseitigen Liberalismus gegen die .kleine Reichsfinanzrefonn" erhebt. liegt aus dem Gebiete de« parlamentarischen Bewilligungsrechtes. Man folgert, daß die Erhöhung der eigenen Einnahmen des Reiches bis zu annähernder Höhe seiner Ausgaben dl« Matrikularbeiträge der Bundesstaaten ganz oder doch zum größten Teile aus dem RcichS- hauSbalt auSschaltrn werde, und knüpft daran die Besorgnis, daß der Reichstag aus solchem Wege der Mitwirkung bei der Fest jetzung der Matrikularbeiträge verlustig gehen, also Einbuße an seinem Bewilligungsrecht «leiden könnt«. Demgegenüber ist aber darauf hinzuweisen, daß die Matrikularbeiträge in der Verfassung selbst nur als ein provisorischer Notbehelf charakterisiert werden und daß es nicht angängig ist, wrqen einiger unterschiedlicher Stärkegrade deS parlamentarischen Bewilligungsrechtes Reich und Bundesstaaten gemeinschaftlich in immer härtere Finanznöst hinein zu treiben. Den Widersinn deS gegenwärtigen Zustandes kenn zeichnet« Freiherr von Stengel stellend durch den Hinweis: „AIS im Jahr« 1860 die Franckensteinsche .Klausel in Wirksamkeit stak, betrugen die RetchSelnnahmcn 356 Millionen Mark und die Ucbcr- wrtlungen 38 Millionen Mark. Heute betragen die Reichseinnah men eine Milliarde Mark und davon müssen wett über ' »Milliarde den Bundesstaaten überwiesen werden, um von dort wieder als Matttkularumlagen zurürkgeholt zu werden, damit sie dann endlich der Befriedigung der RrlchSbedürfnlsse dienen, und daS alles geschieht nur noch zu dem Zwecke, dem Reichstage bei der Ein- nahpstbewllligung etn konstitutionelles Recht zu wahren.' Die Regierungen und die maßgebenden Parteien tn den Etnzelftaatrn sind untereinander darüber einig, daß da» jetzige finanzielle Brr- bältnIS zum Reiche nicht länger erträglich ist. und deshalb be grüßen sie die „kleine ReichSsmanzresoim". die sie. von besonderen Herauszahlungen an das Reich schützen will, mit Freuden, auch wenn dadurch, um mit Herrn Schädler zu reden, die Jcancken- steiisschc Klausel einer Flasche Wein glrichkommk, von der nur die Jlcffche. die Etikette und ein Anstandsschluck übrig sind. Neueste Dral»tmeldurigeri vom 10 Dezember' «Nachts einaebeude Develckien befinden sich Seite 4.» Berliu. sPriv.-Tel I Ueber das Befinden des Kaisers wird mitgeteilt, daß es durchaus befriedigend sei. datz der Kaiser vortrefflich aussehe, in bester Stimmung sei, und daß die Stimme wieder e.nen vollen Klang habe. Das Athener Blatt „Ach" meldet, für den Fall einer Mittclmeerfahrt Kaiser Wilhelms sei ein mehrlagiger Aufenthalt des Kaisers in Athen vorgesehen. Eine Kreuzerfahrt im Mittelmcer ist allerdings geplant, aber noch nicht beschlossen. — Ans Gmunden wird gemeldet, daß sich der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin mit Prin zessin Alexandra von Cumberland verlobt hat. Am Silber hochzeitstage des Herzogspaares von Cumberland, dem 20. Dezember, wird die Verlobung offiziell bekanntgegeben. Berlin. IPriv.-Tel.j Reicnstaa. Das Haus sst leidlich aut besetzt. Am Bundesratstische Graf Bülow und zahlreiche Mi- nister und Staatssekretäre. Die erste Beratung des Etats und der Vorlage betreffend Aenderunaen im Finanzwesen des Reichs wird fortgesetzt. — Aba. Bebel sSöz.l: 'Der Schatz- sekretär bat gestern die Finanzlage des Reiches nüchtern, aber im wesentlichen richtig geschildert. Diese Finanzlage gibt zu den ernstesten Besorgnissen Anlaß. Die Finanzreformvorlagc M ein Produkt der Sorge der Einzelstaaten. Wir lehnen sie ab. weil wir neue Steuern dahinter erblicken, und well der Reichstag bei Annahme der Vorlage sein Budyetrecht ausgeben und damtt Selbst- entmannung verüben würde. An dem jetzigen Zustande der Fi- ral >ches Gewicht in §ie Wagschale werfen. Mit neuen Militiir- forderungcn wird die Regierung in den nächsten Jahren sicher kommen. Man kann nicht früh genug in das Horn blasen, um die Oesfentlichkeit zu warnen. Auf keinem Gebiete werden heut- zutage mehr technische und finanzielle Aufwendungen gemacht, als auf dem Gebiete der Zerstörung von Menschenleben. Und dabei welche Gärung und Unzufriedenheit in der Armee, auch unter den Offizieren! Unaufhörliche Aenderungen an Schnüren. Litzen usw.. kostspielige und ganz unnötige Manöver und Paraden ohne Ende! 'Nur ein Viertel der Dienstzeit wird verwendet auf Vorbereitung der Soldaten für eigentliche Kriegszwecke! Den besitzenden Klassen kommen die Ausgaben für den Militarismus zu gute, deshalb erklären sie sich für patriotisch: sie sollten nur mich die Kosten dafür zu tragen bereit sein. Aber daran — das sei zu ihrer Schande gejagt — denken sie nicht. sUnruhe in der Mitte und Rechts! Würden direkte Reichssteuern eingeführt, dann würden die Besitzenden sich wohl hüten, alles zu bewillisen. Einkommen-- und Erbschaftssteuer müßten im Reiche eingeführt werden: statt dessen präsentieren Sie uns eine Wehrsteuer, die in der Haupt- sach« die Armen trifft. Vor einem Jahre wurde der Zolltarif angenommen. Mitglieder der Mehrheit stürzten auf den Reichs- keitj. Mit dem Abschluß von Handelsverträgen aufgrund des neuen Zolltarifs sicht cs sehr zweifelhaft aus. Dafür hat unser Beispiel die Schutzzollbewegung in England in Fluß gebracht. Jetzt sollen SchistehrtSabgaben aus Muffen den Agrariern zu liebe geplant sein. Solch- wären verfassungswidrig. Redner kommt dann auf die Sozialpolitik. Die Arbeiter sind aus dem preußischen Landtage ausgeschlossen, obgleich man ihnen Gleich berechtigung versprochen hat. Ist es Gleichberechtigung, wem' man den Arbeitern nicht einmal BerufSvereme auf gesicherte. werden. In Äeißcn sind sie dem Zwange, aus ihrem Verbände auszutrcien. gefolgt und hinterher doch noch aus die Straße ge- worten worden. Kann es etwas Gemeineres, etwas Niederträch tiseres geben? lltznruhe.) In Sachsen stehen die Behörden jeder zeit auf Seiten der Unternehmer, der Ausbeuter, so auch in Crim mitschau. Dort haben die Unternehmer die Vermittlung des Gewerbegerichts abgclehnt. Gleichwohl bezeugen die Arbeiter dorr eine Geduld, wie sie sonst nirgends zu finden sein dürfte; am allerwenigsten in den Kreisen der Rechten. fUnruhc.l Statt den Arbeitern zu Hisse zu kommen, tun die Behörden in Crimmitschau alles, um sie zu schädigen, ihnen den gewerblichen Kampf un- möglich zu machen. Der Bürgermeister von Crimmitschau ist der Schwiegersohn eines der ersten dortigen Fabrikanten. sHöri. hört!! Und was bat er getan? Den Arbeitern alles Bercins- und Bersammlungsrecht unmöclich gemacht. Das sst schnödester Mistbrouck der Amtsgewalt. Da gibt es nur ein Wort: das iji echt sächsisch! (Beifall bei den Sozialdemokraten.! In Crimmitschau herrschen empörende Zustände, und käme heute nochmals eine Wähl, die sächsisch« Regierung würde noch eine ganz andere Ans. wort bekommen, als am 16. Juni. Und um was dreht sich der Streik m Crimmitschau? Lediglich um 'Abkürzung der Ar beitszeit aus zehn Stunden. Ist denn das ein Unglück für bei- Fabrikanten?! Hot sich denn die zehnstündige Arbeitszeit mch< überall, wo sie besteht, in England, in Frankreich, bewährt? Bm ' , der Kaiser habe auf etn Jahresfrist hat Gras Bülow erzählt, Aktenstück geschrieben: „Warum haben wir keinen'Millerand?" Jo. „weshalb will denn nicht Gra! Bülow selber ein Millerand werden? (Große Heiterkeit-! Der deutsche Arbeiter muß end lich einmal die Liellung erkalten, die ihm in Staat und Gesell- schaft gebührt- Die heutigen Zustände erinnern an die bei Ver fall d« römischen Reiches. Eine tzundedcmut und Servilismus nach obu,, Hochmut »ach unten. Man spricht lo viel von der Wurde Deutschlands. Verträgt eS sich mit der Würde Deutsch - IcmdS. anderen Leuten nachzulaufen, wie Ken Bereinigten Staaten mit,BMe»kei,. für die mau dorr nicht einmal ErksnnlNchkst hat? Was liegt für Würde, «n der Ausnahme, die man einen' llMgtn Vuowen, wie dem Sohn-', vou Car' Vanverhsit. hat zv LiMcchmesMen abgesehen, grundsätzlich und der Regel nach geselltest »«tzen lösten? Und nun unsere Würde gegenüber Nvhdäd'.
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