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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 27.04.1912
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-04-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19120427020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1912042702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1912042702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1912
- Monat1912-04
- Tag1912-04-27
- Monat1912-04
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Dieses Blatt wird den Lesern von Dresden und Umgebung am Tag« vorher bereit» ai» Menä-Mrgabe zugestellt, während es die Post-Abonnenten am Morgen in einer Gesamtausgabe erhalten. 56. Jahrgang, 115. vezug«-«ebühr »lerteliLhrl. für Dre». den bet ««glich zwe' mdliger Zulragun«, «an Sann- und Monlaäen nur »tnniay r.«c> M., durch audwitrüg« Nom. mtgtondr« bta S.bO M. «et einmaliger Zu. «iellung durch die Poll .1M. <o-n,BeI«ellgel»>. Dt« den Leiern von Dr«»den u. Umgebung am lag« vorder zu. geltelllen Udend-Lu». gaben erhallen die au». »><lriigen Bezieher mtt der Morgen-Ausgabe zusammen zugejlell». Nachdruck normt« deu«. Ucher Luellenangade «.Dreed. Nachr."> zu. >»g>,. — Unoerlang«« Manuskripte werden nicht »ufdewahr«. Telegramm-Adresse: Nachrichten Dresden. Druck und Verlag von Liepsch öc Reichardt in Dresden. Hauptgeschäftsstelle: Marienstrasse 38/^0. Sonnabend, 27. April 1912. Anzeigen-Tarts. Annahme von Ankitn. dianngcn bi» nachm. :i Uhr. Lonnlag» nur Marientlrotie :id von II bis >,!« Uhr. Die »intpaina? ihrundzeile «<a u Lilbei» M Pf., Familien lllochrichten aus Dresden Ld Ps.i dir zweilpaiiigc Zeile auiTei«Ie,le7ÜPs..d>e zweijpalttge Slettame- zeiie I.iul M. - Zn Nummern nach Sonn und ireierragcn die einipattige Mrundzeiie u-', Pi, Hamliien Nachiichlen aus Dre» den die ibrundzeiie M Pf. — Auswärtige Aufträge nur gegen Vorausbezahlung. Jedes Belegblall los«,« lv Pf. Wit föpZiep NISIlIIW » VI I^IÜLsI k'isninos l-tarmoniums r: Wadriltul« :r k^Öl'SlSs' Könixl. 8ücl«s. liosliekerant vk-SZcisn, e6ilt»'L!-'7'tlSÄiSl--f'3SSL8S. eUrgs Lefsv. Der König ist zum Stapellauf des Linienschisscs „Er satz Acgtr" nach Danzig abgcreist, Prinzessin Mathilde ist in Marienburg cingetrosfen. Der Landtag wird aller Voraussicht nach im Herb st »och zu einer außerordentlichen Tagung zu- sammcntreten. Die Zweite Kammer beschäftigte sich heute haupt sächlich mit dem Nachtragsetat; die Erste Kammer er ledigte Petitionen und vertagte sich dann bis zum 8. Mai. Die S ch u l d e p u t a t i o n nahm die Bestimmungen des Entwurfs über die Bildung von Lchul verbän den an. Im Reichstage stand heute die »ativiiallibcralc Interpellation wegen des banris ch c n I e s u i t c n- er lass es zur Beratung. Reichskanzler v. Bethmann- Hollmcg beantwortete die Interpellation i» einer längeren Rede. Die Hauptversammlung des Deutschen Wehr- Vereins findet am 12. M ai in Bcrli n statt. Im Walde von Fontainebleau brach ein u n - g ehe u r c r-Ä r a » d ans, dein große Waldslächen zum Opfer fielen. DaS englische Unterhaus hat das Gesetz bctr. die Trennung von Staat und Kirche in Wales in erster Lesung angenommen. Der türkische Ministcrrat wird am Sonntag erneut über die Wtcderössnung der T a r d a n c 11 c n s ch i s s- fahrt beraten. Neueste Drahtmel-ungeu vom 26. Avril. Der Jesliitenerlatz im Reichstag. Berlin. iPriv.-Tel.) Der Reithstag erklärte eine An zahl von Wahlen für gültig. — Dann begründete Abg. Dr. I u n et tiiatt.) die iiativnnlliberaic Interpellation ivegcn des baqrischen Iofuitcuerlasscs. Der Erlaß des bäurischen Miiljstcriiims, so führte er aus. ist eine ausfällige Ver letzung eines RcichsgesetzeS. Vertrauliche Erlasse sind ge fährlicher als nichtvertranliche. sLchr gut! linkS.t Ob die Gründe, die seinerzeit znm Erlaß des IesuitengcsetzeS geführt haben, richtig waren oder ob sie jetzt noch znircssc», darüber zu sprechen habe ich keinen Auftrag. Kommt es jetzt schon zur Erörterung darüber, so werden wir mit uniercr Ansicht nicht hinter dein Berge halten. So lange ein Neichsgesetz besteht, haben die Eiuzelstaaten in Treue und Gehorsam gegenüber dem Reiche das Reichsgcsetz auch seinem Geiste »ach zu erfüllen. Roch gestern hat sich bas Zentrum beschwert, daß ein Minister dem Gesetze die Achtung und Gehorsamkeit versagt hat. Wir wenden »ns an den Kanzler des Reiches als de» Hüter des Retchs- rechtcö. Ucbcrwachung der Durchführung der Reichsgcsetze gehört zu den Dienstgeschästen des Reichskanzlers. Der BundcSrat kann nur sprechen, wenn Meinungsverschieden heiten zwischen der Zentralgcwalt »nd einem Bundesstaate vorhanden sind. Hat der Reichskanzler seine Meinung, , daß eine Verletzung eines RcichsgesetzeS erfolgt ist, zum I Ausdruck gebracht, und welche Antwort hat er erhalten ? Es ist ja möglich, daß man sich schon wieder zwischen der Reichsregieriing und dem bayrischen Ministcrinm geeinigt hat. die Entscheidung dem BundeSrat zn überweisen. Wir fragen im Interesse der Autorität des ReichskänzleramteS. Hier handelt es sich nicht um eine Auslohnung einer unter- ! geordneten Behörde eines Bundesstaates, sondern »m den Erlaß einer Zentralbehörde. Hier liegt zweifellos ein Konflikt zwischen Reich und Einzclstaat vor. Es wäre mit dein Reichsgcdanke» unverträglich, wenn sich gewissermaßen ein k ü >l i g l i ch prcußitchcS und ein. königlich bayrisches I e s u i t c » r e ch t hcrausbilden wollte. Die Auflehnung gegen das Reichsgcsetz wird geschickt verhüllt und das ist das besonders Gefährliche. Wenn der BnndeS- rat damit besaßt wird, so wird er im Sinne des konfessio nellen Friedens handeln, wenn er Klarheit darüber schasst, was aus dem Boden des Gesetzes erlaubt ist oder nicht. Ein Präzedenzfall war ja 1871, als die Auffassung deS Bundeskanzlers i» Sachen der Ausführung der RcichS- gewerveordnnng mit dein Bundesstaat Lübeck auseinander- ging. Wir sind der Ansicht, daß die Aussicht des Reiches, das UeberwachnngSrecht des Reiches gegenüber den Glie dern deS Reiches ei» wichtiges Recht ist, das auSgeübt werden muß. tBeisall links.) Reichskanzler v. Bethmann-Hollweg. Das Icsuitengesetz schließt die Angehörigen des Ordeirs der Gesellschaft Jesu vom Gebiete des Deutschen Reiches ans und untersagt -dir Errichtung von Niederlassungen. Aus Grund 8 8 des Gesetzes, der bestimmt, daß ö.ie zur Ausführung des Vollzugs des Gesetzes erforderlichen Ver ordnungen vom Vnndesrate erlassen werden, hat -der BundeSrat anSiveiölich der Bekanntmachung des Nefttzs- tanzlcrs vom ä. Juni >872 beschlossen, daß der Orden der Gesellschaft Jesu vom Deutschen Reiche ausgeschlossen ist, den Angehörigen dieses Ordens die Ausübung einer Ordcnslätigteit, insbesondere in Kirche und Schule, sowie die Abhaltung von Missionen nicht gestattet ist. Im Vundesprvtvkvll zu diesem Beschlüsse ist folgender Satz cin- gcsiigt worden: Der erfolgte Beschluß wurde init dem selbstverständlichen Vorbehalt gefasst, das ergänzende und abändcriidc Anordnungen getroffen werden, wenn :m Lause der Zeit auf Grund der bei Aussührung des Gesetzes gemachten Erfahrungen die Notwendigkeit des Erlasses wei terer Bestimmungen sich Herausstellen sollte. Eine be stimmte Definition des Begriffes Ordenstätigkeit war hier nach vom Bundesrat nicht gegeben worden. Trotzdem ist die Auslegung dieses Begriffes bis in die neueste Zeit in sämtlichen Bundesstaaten im wesentlichen eine gleiche ge wesen. «Hört, hört!) Danach hat inan iede Art dieser seelsvrgerischcn Tätigkeit, jode Art von priesterlicher Funk tion als einen Akt der Ordenstütigkeit betrachtet und nur das Lesen sogenannter Primizmessen alS zulässig erachtet, soweit sic den Eharakter von Familienfeiern tragen, weiter das Lesen stiller Messen und das Spenden von Sterbe sakramenten gestattet, soweit nicht Landesgcsctzc entgcgcn- stehen. Auch sogenannte Konferenzvorträge religiösen und sozialen Inhalts sind unter gewissen Voraussetzungen tat sächlich zugclasscn »der geduldet worden, sofern sic in profanen Räumlichkeiten stattfindcn. Zu einer hiervon abweichenden Auslegung ist, wie bekannt, die bäurische Regierung gekommen, die unter dem 11. März angcordnct hat, daß zu der verbotenen Ordenstütigkeit in Zukunft nicht gerechnet werden sollen die sogenannten „Konferenzvorträge", wen» sic in Kirchenränmcn statt- findcn und sich die Gelegenheit z»m Empfange der Sterbe sakramente damit verbindet. Eine so verschiedene Aus legung »nd Verwendung eines RcichsgesetzeS ist selbstver ständlich nicht angängig. Ich habe insvlgedessen, als mir diese 'Anordnung der königlich banriichen Regierung zu nächst durch die Presse bekannt wurde, sogleich an die lmarische Regierung das amtliche Ersuchen gerichtet, mir den Wortlaut der in der Presse als geheim bezeichnet,:» Anordnung mitzutcilen. Die königlich bayrische Regierung, ist diesem Ersuchen nachgekvmmcn und hat mich unmittel bar -daraus wissen lasse», daß sie beabsichtige, beim Bundesrat einen Antrag aus Definition der verbotenen Ordciistätigkeit zu stellen. Die königlich bayrische Regierung hat diesen Entschluß sosort ansgeführt. Dem Bundesrat liegt ein bayrischer 'Antrag vor, den Bc griff der verbotenen Ord-enstätigkcit zn definieren. Das««c-, daß bis zum Ergehen des Bnndcsratsbescklusses auch in Bayern die Anwendung und Handhabung des Gesetzes ans Grund der bisher im ganzen Deutschen Reiche bestehen den Hebung weitere Folgen habe, hat die königlich bayri sche Regierung Vorsorge getroffen. Hiernach ergibt sich eine absolut einfache und klare Sachlage. lSchr wahr', rechts.« Bis zum Ergehen des Bnndcsratsbcschlnsses wird 8 > des IesuitengcsetzeS im gesamten Deutschen Reiche ans Grund der bestehenden Hebung gleichmäßig angewenbct werden. Nach dieser Zeit wird der vom Bundesrat gefaßte Beschluß -die einheitliche Grundlage bilden. Bei dieser Sach lage meine ich, ist die Diskussion über den Begriff Ordens- lätigkeit oder verbotene Ordenstütigkeit der bevorstehenden Bundcsratssitznng vvrznbchaltcn. lSchr richtig', und Beifall.) Ein Lebenszeichen von Enocr Bey. Berlin. iPriv.-Tel.) Bei hiesigen Freunden Enver Bens tras gestern abend ein Telegramm des von den Italienern totgesagten Majors ein, laut dessen Enver Bey mit der militärischen Lage der türkischen Ltrcitkräftc vor Derna durchaus zufrieden ist. Selbstmord eines Oberlehrers. Berlin. iPriv.--Tel.) Oberlehrer Dr. Döring aus Leipzig warf sich gestern nachmittag bei Sangerhausen vor die Lokomotive eines Schnellzuges und wurde sofort getötet. Döring war erst vor wenigen Tagen als geheilt aus einem Sanatorium im Harz entlassen worden. Der Raubmordvcrsnch in der Antodroschke. Berlin. iPriv.-Tel.) Bor dem hiesigen Schwur gericht begann heute die Verhandlung wegen des R a u b- Mordversuchs an dem Kassenbotcn der Darmstädtcr Bank, Klein. Tie Anklage richtet sich gegen den ghjährigcn Bankangestellten Julius Fr «ehe, der am Nachmittag des ). Januar in einer A » t o m o b i l d r v s ch l c den Klein zn erdrosseln suchte, »m in den Besitz einer Summe von 43 0NN Mark, die Klei» bei sich führte, zn gelangen. Riesenbrand im Walde von Aontaineblean. Paris. iPriv.-Tel.) Im Walde von Fontaine bleau brach gestern ein durch Artillericsencr verursachter ungeheurer B r a n ü aus. dem große Waldflächen znnr Opfer fielen. Wieviel Hektar verbrannten, ist noch ni-cht scstgcstellt. Militär in großem Aufgebot und -Fvrstwächter helfen bei der Eindämmung des Brandes, -die aber »och nicht gelungen ist. Tic Arbeit wird dadurch besonders ge sährlicli, daß zahlreiche nicht krepierte Granaten mitten in der Zone liegen, die unter der Einwirkung der Hitze jeden Moment explodieren können. Marconi und die „Titanic"-Katastrophe. Newyork. iPriv. Tel.» Bvr der Untcrsuchnngstoin- mission in Washington wurde gestern Mareoni in ei» Kreuzverhör genommen. Es wurde dabei scstgcstellt, daß Kunst und Wissenschaft. Mitteilungen aus dein Bureau der König!. Hos- thcater. Im O p e r » I, a » s c wird Sonntag, den 28. April, Richard Wagners „Lvhengriii" mit Herrn von Bary in -der Titelrolle anfgeführt. Tie übrige 'Besetzung der Haiiptpartien ist die folgende: König: Herr Zottmayr, Elsa: Frau Plaschke-von der Osten, Telraniund: Herr Perron, Ortrnd: Frau Wittich, Hecrriifcr: Herr Zador. — Die bis herigen Inhaber von Stammsitzen im Opernhansc werden darauf aufmerksam gemacht, daß die Frist zur Ent nahme der neuen Stammfitzbücher am 28. d. M. abiänft. Etwa nicht wieder entiivmnieiie Plätze werden am 8li. April während der üblichen Bvrmittagslässenstnndcn weiter ver geben. — Z» dem im Mai bis Juni im Schauspiel- Haufe statifindenden Zyklus kl a i s isckcr W c r k e wird ein Svnöcraboniiemeiit zu ermäßigte» Preisen ans gegeben. Gedruckte Prospekte über die Tage der einzelne» Ausführungen und -die Preise des Abonnements sind un entgeltlich zn haben an den Kassen der Königlichen Hos- thcatcr und im Invalidciidaift, Seestraße Die Ausgabe der Billetts zu diesem Abonnement crsvlgt täglich von vor mittags 16 bis nachmittags 2 Uhr an der Kaste des Zchau- spiclhanies. Schriftliche und telephonische Bestellungen von ansivärts vermittelt der Invalidendaiik. — Im L ch a u- spiclhansc wird Strindbcrgs Äammerspicl „W eite r- l c u ch t c n" zur c r st e n A n s s ü h r n n g vvrbcrcftct. Im Anschluß an dieses -Werk svll das einaktige Drama „Ter T o r » n d d c r T v d" von Hugo von Hvfmannsthal » e u ctnstudiert in Szene gehen. Die erste Anssühriing der -beiden Werke ist für Sonnabend, den l.8. Mai, vorgesehen. f-* König!. Schauspiclhans. Hebbels Tragödie „Gygcs und sein Ring" ist siebenmal im dichterischen Feuer geklärt — schlackcnloS entstiegen die Helden dieser ivnndcrsnme» Tragödie der sonnenden, gestaltenden Hand des Dichters. Und in den schönen Gestalien, in der charakteristisch merk würdigen Gebundenheit glüht der Geist ihres Schöpfers. Die Aufführung dieses durch hohe Sprachschönhciten aus gezeichnete» Gedichtes hat wägenden und künstlerisch ver anlagte» Bühnenleitern und Regisseuren von jeher Kopf zerbrechen gemacht. Die Dichtung ragt durch die Strenge ihres Stils, durch die eigentümliche Stellung der drei Menschen, zwischen denen die Tragödie anhebt und znm leidvollen Ende geführt wird, so vor anderen hervor, daß ihr die üblichen Aiisdrncksmittcl des Theaters nicht Ge nüge leisteten. Und anders sind weder Kandanles, noch Gnges, noch Rhodope übermenschliche Gestalten, die z» lauten und überschäumcnd leidenschaftlichen Verkündern ihres Schmerzes, ihrer Schuld und der Forderung nach Sühne »»irden. Die Geschehnisse werden durch innere un abweisbare Notwendigkeit vollzogen. Rhodope, der Tochter indisch-griechischer Kultur, geschieht durch leichtsinniges Verschulden ihres Gatten Ungeheures — ihre Welt- und Lebensalischauung erhält eine unheilbare Verletzung, die nur durch Tod gesühnt werden kann. Der Kreis der Litte ist gesprengt — Rhodope kann nicht anders handeln, wie sie tut. Die Fassung der Dichtung ist in den edlen einfachen Linien der Antike gehalten, aber in de» Steinen glüht ein seltsames tiefes Feuer auf. Die Verbindung klassischer Form mit dnrchaus moderner Psychologie ist natürlich bei einer Wiedergabe sehr schwer zu treffen. Gibt man der einen Forderung z» viel, so liegt die Gefahr nahe, die andere zu verkürze». Die künstlerische Leitung des Dresdner Königl. Lchaiispicllxniscs in ihrem Bestreben, das Gute z» prüfen und das Beste zu behalte», hat die modernen Bestrebungen nach Vereinfachung der Szene und Stilisierung sehr früh z» ihren eigenen gemacht. Der fortschrittliche tz'haraltcr dieser Bestrebungen kommt natür lich der Kunstpflcge mit ihren Wirkungen nach innen »nd austen zugute — Stillstand bedeutet in unserer rasch lebigen, von brausendem Verkehr beherrschten Zeit mehr denn je Rückschritt. In der Erkenntnis, baß geläuterte Dichtungen von echtem Gehalt der bunten Lappen und deS theatralische» Beiwerks nicht bedürfen, strebt man nach Flache», sinn- und raumgcmäß durch Linien abgrtcilt, mit Andeutungen der jeweilig geforderten Stimmung durch Be leuchtung »nd bescheiden angebrachte Nuancen. Keine Aeußcrlichkcit lenkt mehr von der Dichtung ab — sehr richtig und löblich. Falsch aber wäre cs, ganz salsch, wollte man dein Schauspieler, durch dessen Mitarbeit ein Drama das von dem Dichter gewollte Leben völlig erhält, so viel Blut abzapscn, daß er im Eintlang mit der stilisierten Dekoration steht. Das bieste de» Teufel mit Beelzebub verjagt zu habe». Es wird viele geben und nicht die schlechtesten Freunde der 'Bühne, denen ein wildes, sen- rigcs, vvn echtem Temperament belebtes Tiicaterspiel, ein richtiger Teufel mit Klanen und Hörnern lieber ist, als ein stilisierter Beelzebub, der in eine Hölle mit raiimkünst lcrisch vrganisicricn Flammen paßt. — Die Tragödie „Gygcs »nd sein Ring" spieii hier in drei Dekorationen: einem von schivcrcn, vierkantigen, sehr hohen Säulen um standcncn Halbrund mit Sinsen zn den übrigen Räumen, in einem rot getünchten 'Boudoir Rhvdopcns, bei dessen stilisierter Nüchternheit man an Station Biiterscld denken muß, und einem mit wundervoller, fast ergreifen der Mnstik gestalteten Tempelinnern. Wenn mau »iin untersucht, ob die Darsteller in einem Raum mit himmel hohen Säulen größer und hedcittendcr wirken, so kommt mit» z» keiner bejahenden Antwort. Solche Dimensionen nach der -Höhe verlangen Kothurne für die Schauspieler. Eine Durchführung der Siiistrenge tonnte unter Um ständen ganz nnersrcnliche Resultate zeitigen, nämlich die innere Rückkehr zum Kothurn - das wäre ja ein Ziel aufs innigste nicht z» ivünschcn. Abgesehen davon, daß die Heroinen mit stolzen gebieterische» Profilen und sonoren Brusttönen, Heldenmädchen und Helden nur mit Ptasttt und Dellainationstechnik io gut wie ausgestorben sind. Hebbel braucht diese Gattung ja auch nicht, sondern modern empfindende Menschen mit dem Verständnis für die Diese und das Bcsvndcrc in seinen Gestalten. Gertrud Trcßiiitz gab die Rhodvpe. Wie in allen ihren Leistun gen waren auch in dieser die Momente am stärksten durch- gcfülili, in denen sie durch crsabrcne Kränkung zur Em pörung und zn einem Entschliis; getrieben wird. Bei der Erkenntnis der zerbrvchcnen Sitte und ihres unheilbar
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