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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 18.01.1913
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1913-01-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19130118029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1913011802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1913011802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1913
- Monat1913-01
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ALL1», ll„n, durch dl- Polt or.<-n-Bk„-llg.,l». I« 8»n Ltleri, o»n r««»«n u. Um^dun, !, T»g« vor»» p>. »»llNn «LiNd-Lu,. den»»yaU»ndi««l»- lrttlin Pqkh« mit r Mvigro-Nuogab« — «ach. uck nur mit drui- d«r Qur»«nan,-b« Vrra». Pacht."> ,u- lNz. — Un»,rl-n,t- tanustrlpl« «erden nicht ausdewahrl. D^esclne^ kank ^.Ictienlcspilal unck Reserven 261 IVIill. Oreaäea-^., K.üoig-1oknnn-8lrs„e 3 „ „ ?r»ger 8tr»s,e 45 :: u „ „ Strieseasr 8trssre 4S Vrescken-Ä.. Snutrner 8trns»e 3 :: n Slarervitr, Lurort Wei,,er ttirsek, Lletssea unck tLütr»eker.bro«tL. Lareiaiaxerr, L.nnndms rar Vsrniaguvss. :.: Lctieelc-VerlLedir, iLrüsinuox von 8oksolctcoat«u. 'Wertpapiere, ^n- unä Voricauk, Leleikunx. OoupvllS, iLlrilöguox lillä Vsrvvsrtuvss. Depots, L,ukbovatirullß oösasr u. vsrsetüigsskaröi'. Xreclitbriete aut rüts LauptpILt^s äsr Wslt. :.: «ommden», 18. Jmmar 1»18. HsgvüarSst 18S« Druck und Verlag von Liepsch L Reichardt in Dresden. Hauptgeschäftsstelle: rNarienftraste 38/^0. Telegramm-Adresse: Nachrichten Dresden. Fernsprecher: 11 . 2096 « 3601. Au-e„e«-rar»f. Annahme »an Anlün- diaunien dt, nachm. S Uhr, Sonntag, nur Marienitrahe 8» »on II di» </,l Uhr. ri« einlpaltia« tSrundzeiie tca. 8 Silben» 80 Pf.. NarntUanNachrichleu au» Lr«»den es Pf,: die jweifpaliia» Zeile auslertfeite 70Ps..die zweispaltige Rellanie- zeile l,b» M. — In Nummern nach Sann, und Ketertapen die einspaltige Srundzeile »8 Pf., Familteu. Nachrichlen au» Drr». de» die Srundzeile 88 Pf. — Auswärtige Auslräge nur gegen Vorausbezahlung. Jede» Belegblait koste! 18 Pf. Graf Zeppelin hat für den Leipziger Luft schiff tz a f e n 5000 Mark gestiftet. Am Reichstag wurden heute zunächst einige kurze Anfragen erledigt. An der reichs ländischen Zweiten Kammer sprach Staatssekretär Zorn v. Bulach sein Bedauern darüber aus. daß die Zentrumspartei Len Abgeordneten Wetterlä nicht ausgeschlossen habe. Der französische Lckerbauminister Pams ist von seinem Amte zurückgetreten. da er die Kandidatur für die Präsidentschaft angenommen hat. Das englische Unterhaus nahm die Home rule-Bill in dritter Lesung an. Die Botschafter der Mächte überreichten, nach nichtamtlichen Berichten, am Donnerstag der Pforte die K o l l e k t i v n o t e. in der ihr die Abtretung Adrianopels an Bulgarien empfohlen wird. Der griechische Kronprinz wurde zum Höchst- kommanüierenöcn der Armeen in Mazedonien und EpiruS ernannt. Nie llebeneichmig der KolleMtnwte. Nach zwei amtlich noch nicht bestätigten, ans privaten Quellen, darunter aus Berlin, kommenden Nachrichten haben die Botschafter der Mächte am Donnerstag der Pforte die Kollektivnote überreicht, in der in freundschaft licher Weise die Abtretung Adrianopels an Bulgarien empfohlen wird. Der türkische Minister des Aeusteren hat die Note, welche von dem österreichisch - ungarischen Botschafter Markgrafen Pallavicini verlesen wurde, ent gegengenommen und eine baldige Beantwortung derselben seitens der Pforte in Aussicht gestellt. Die einzelnen Bot schafter hatten dann kurze Besprechungen mit dem Minister des Aeusteren, in welchen sie die Intentionen der Kabinette zur Herbeiführung eines baldigen Friedensschlusses näher kennzeichnetcn. Nun wird die Pforte sich zu entscheiden haben. In Berliner politischen Kreisen rechnet man nicht mit einer schroffen Ablehnung. Man seht viel mehr voraus, dass die Pforte zunächst mit einer Darlegung der Gründe antworten wird, die ihr eine Auslieferung Adrianopels als unstatthaft erscheinen lassen. Auch die neuen, von der Pforte ihren Vertretern bei der Friedens konferenz in London erteilten Instruktionen deutet man dahin, das? die Pforte nicht mit einem sofortigen Abbruch aller Verhandlungen rechnet. Freilich wird auch nach Auf fassung der Berliner politischen Kreise sehr viel davon ab- hängen, ob es der gegenwärtigen türkischen Regierung ge lingen wird, dem Drängen gewisser Kreise auf eine Fort setzung des Krieges den nötigen Widerstand zu leisten. Man darf aber auch nicht verkennen — so sehr cs im Interesse des Friedens wünschenswert erscheint, dass die Türkei dem Wunsche auf Abtretung Adrianvpels nach kommt —. dak für die Pforte Adrianopel von ganz auster- ordentlicher Bedeutung ist, und dast es schliestltch kein Eigensinn der leitenden türkischen Kreise ist. wenn sic von der Abtretung nichts wissen wollen. In diesem Sinne sprach sich in London der türkische Botschafter in Berlin aus. der zurzeit als zweiter türkischer Delegierter in Lon don weilt. Er sagte zu einem deutschen Journalisten: „Bleibt die Türkei im Besitze der zur militärischen Deckung ihrer Hauptstadt absolut notwendigen Festung, so dürfte damit der Fricdenszustand auf dem Balkan aus zehn oder fünfzehn Jahre hinaus gesichert sein. Adria nopel im bulgarischen Besitz wirkt als dauernde Be drohung für uns, als Sprungbrett auf Kon- ftantinopel, und bildet einen beständigen Anreiz für bulgarische Angriffslust: denn auf die Versicherung, dast die dann vielleicht mit ganz anderen Dingen beschäf tigten Mächte Konstantinopel den Bulgaren nicht lassen würben, gebe ich wenig. Die Mächte sind nach meiner Ansicht sehr im Irrtum, wenn sie, wie aus ihrer unter schiedlichen Stellungnahme zu den beiden Problemen hcrvorzugchcn scheint, dasjenige von Adrtanopel für un wichtiger halten als die Inselfrage und deshalb meinen, es könne kurzerhand- erledigt werden. Auch die Zukunft der Inseln aber ist eine Angelegenheit von europäischer Bedeutung." Bon besonderer Bedeutung ist noch folgender Satz des Botschafters: „Diese Haltung der Mächte, die in der Kollektivnote zum Ausdruck kommt, stellt eine unumwundene Parteinahme zugunsten der Alliierten dar, verstößt mithin aufs gröbste gegen die von ihnen proklamierte Neutralität. Sie wird mit dem Fricdcnsinteresse begründet, dient ihm aber weder für jetzt, noch für später." Es ist allerdings anzunehmen, dast die Haltung der Mächte in diesem vom Zaune gebrochenen Kriege in Ver bindung mit dem tatenlosen Zusehen gegenüber den Massakers sür die Zukunft nachteiligen Einfluh haben wird, zumal die europäische Diplomatie andauernd gegen über den Balkanstaaten zurückgcwtchen ist. Was will es da heißen, wenn gelegentlich einmal in einem als offiziös geltenden Blatte, wie zum Beispiel am Donnerstag in der „Köln. Ztg.",' gegen „die jungen Balkanstaaten", die sich „noch nicht ganz mit den internationale» Gepflogenheiten vertraut" gemacht hätten, zu Felde gezogen wird und man ihnen nahelegt, „keine Sympathien zu verscherzen", denn diese „Gefahr" liege nahe bei ihren „Husarenstreichen"? Will man bei den Balkanstaaten etwas erreichen, mutz man deutlicher werden! Der Artikel der „Köln. Ztg." sollte die Balkanstaaten vor dem Wiederbeginn der Feindselig keiten warnen. Mit welchem Erfolg, zeigt folgende Meldung aus Sofia über de« etwaigen Wiederbeginn der KriegSoperationen. Ter KriegSrat unter dem Vorsitz des Königs beschloß, die Kriegsoperationen wieder aufzuneh men. falls die Türkei nach der Vorstellung der Mächte und nach Ucberreichung des Ultimatums der Balkan staaten. die der Note der Mächte folgen soll, sich nicht be eilen M würde, unter den von den Verbündeten gestellten Bedingungen Frieden zu schließen. Die rumänisch-bulgarische« Verhandlungen dauern an. Wie aus London gemeldet wird, legte Dr. Dancw in der Zusammenkunft, die er Donnerstag mit Ionescu und Mischu, den rumänischen Unterhändlern, hatte, die Antwort der bulgarischen Regierung auf die rumänischen Ansprüche betreffend die Dobrudscha Grenze und die Stellung der Kutzowalachcn in den er oberten Gebieten dar. Ueber die Art der Zugeständnisse verlautet nichts. Bis zur Ankunft Ionescus in Bukarest am Sonntag wird nichts weiteres in dieser Frage erwartet. Die neuesten Drahtberichte lauten: Feierliche Flaggeuhiffnng in Mitrowitza. Belgrad. Am Donnerstag ist die feierliche His- Isunq der Flagge auf dem österreichisch-ungarischen I Konsulat in Mitrowitza unter dem gleichen feierlichen Zeremoniell wie in Prizrend erfolgt. Zu der Feierlichkeit war der österreichisch-ungarische Konsul in Belgrad. Dr. Wildencr, entsandt worden. Der griechische Kronprinz als Höchstkommandierender. Athen. Der Kronprinz ist durch ein königliches Dekret zum H ö ch st k o m m a n d i e r e n d c n der Armeen in Mazedonien und Epirns ernannt worden. . . Die serbischen Greueltatcu in Albanien. Wien. Tie „Neichspost" veröffentlicht einen aus sührlichcn Bericht einer ungenannten Persönlichkeit, deren hervorragende Stellung als Gewähr für die Authentizität der Mitteilungen erscheinen müsse, über die Greuel, die von serbischen Banden und regulären Truppen in Alba nien verübt worden seien. I» dem Berichte werden auf Grund von Aussagen angeblich vertrauenswürdiger Zeu gen die von den Serben bei der Besetzung der albanischen Städte begangenen Unmenschlichkeitcn im einzelnen ge schildert. Es heißt da, die Serben hätten die Bewohner schaft ganzer Orte, ja Gegenden ausgcrottet. Im Wilasei Kossowo schätze man die Zahl der getöteten Albanesen auf 25 000. Ter Bericht wendet sich schließlich an Europa, das sich durch die Entsendung einer europäischen Untersuchungs- kommission von der Richtigkeit der mitgctetlten Tatsachen überzeugen möge. > Neueste Drahtmelduugev vom 17. Januar. Deutscher Reichstag. Berlin. (Priv.-Tel.) Zunächst wurden von der Re-- gierung kurze Anfrage« beantwortet. Auf Anfrage des Abg. Stolle sSoz.j erwidert Wirkl. Geh. Legationsrat Leh mann, daß Oesterreich-Ungarn seine Zustim mung zur Erhebung von Schisfahrtsabgaben auf der Elbe bisher nicht erklärt habe. -- Auf eine An frage des Abg. Giebel (Soz.) teilt Direktor im Reichsamt des Innern Caspar mit, daß das Direktorium der Reichsversicherungsanstalt die Betriebskassc der Firma Krupp in Essen als Lebensversicherungs-Unternehmen anerkannt hat. — Auf Anfrage des Abg. Deichmaun (Soz.) und des Abg. Vietmeyer lWirtsch. Vgg.f, ob Maßnahmen zum Schutze der luder deutschen Tabak- inüustric beschäftigten Heimarbeiter er griffen werden sollen, erwidert Direktor Caspar, baß ein« Borlagc den Beratungen der Ressorts bereits unterliegt. Ein rcichsgcsetzlichcs Verbot der Heimarbeit in der Tabak- ir.dnstrie ist nicht beabsichtigt. Mit der Frage von Fach ausschüssen hat sich der Bundesrat noch nicht beschäftigt. — Auf eine Frage des Abg. Bändert (Soz.) teilt Direktor Lewald mit. daß die zwischen dem Groß Herzogtum Sachsen und dem Herzogtum Sachsen-Meinin gen ausgetauschtcn Gebietsteile Rcichstagswahlkreisen des neuen Staates zugctetlt werden sollen. Eine Vorlage wird' vorbereitet. Dann wird die Beratung des Etats des Jnner« fort gesetzt. (Fortsetzung im Morgenblatte.) « Aus der Budgetkommission. Berlin. (Priv.-Tel.) Die B u dg e t k o m m i ssi o n des Reichstags nahm heute in der Kali frage einen Zen trumsantrag an, der die Auslandspropaganda mit 3100 00« Mark dotieren und die Empfängcrprvbcn mit 100 000 Mark' vergüten will. Kunst und Wissenschaft. SurReueiuftudierung derHmniumrschlacht im Königlichen Schauspielhaus!. Die Schatten schwerer, großer Zetten steigen auf, wenn Heinrich von Kleists Drama „Die Hermanns schlacht" die Gemüter bewegt und erschüttert. Tage un erträglichen Drucks niederbeugendcr Vergewaltigung durch übermütige Fremdherrschaft, Tage leidenschaftlichen bren nenden Hasses und drückender Scham. Ein Jahrhundert, farbig reich, mannigfaltig in allen Lebcnserscheinungen, auf allen Gebieten, ist-vorübergcganaen: die Zeit der Nor liegt so fern, so völlig in der Historie, aber es ist notwen dig, sich ihrer in glücklicheren Tagen zu erinnern, als an ein ernst dräuendes Mahnzeichen. Will man sich zu den Höhen der Dichtung Kleists emporretstcn lassen, so must man die vaterländische Not mit voller Seele nachfühlcn können. Hier ist der Weg, dem Werk nahe zu kommen. Kleist konnte mit dem Haffe vulkanischer, leidenschaftlicher Naturen hasten, er kannte keine Kompromisse, das harte Schicksal konnte keine Flamme seiner Feuerscele ersticken, sie loderte und verglühte. Seines edlen und königlichen Hasses Frucht ist die Hermannsschlacht, ein gewaltiger Protest gegen daS Unerträgliche, nicht -n Leidende. Und der Dichter hatte, wie jeder echte richtige Dichter aus Genieland, Sehergabe. Sein Auge sah die Feuerzeichen, sein Ohr hörte den Atem des Sturms, der reinigend über deutsche Lande brausen sollte. Er wustte und fühlte es. wie man in Zeiten des Hasses und der Parteiung des Druckes ledig werden könne. Doch ungehört verhallte sein Ruf. Die Zeitgenossen in Berlin und Wien wurden durch bleiche Furcht vo, den Gewalthabern in Schach gehalten. Me lag ihm die Aufführung seiner Schöpfung, die, wie er schrieb, „einzig und allein auf diesen Augenblick berechnet war", am Herzen, seine Briefe und der Schmerz seiner Dichlcrjeele, der allgemeinen Not, so eng verknüpft, be weisen es. Er ging dahin, verzehrt von der eigenen Glut, verkannt und gering geschätzt von denen, die durch seine Gaben bereichert werden sollten. Erst kommende Ge schlechter haben ihre Begeisterung, die Brände ihres natio nalen Gefühls für die allgemeine deutsche Sache, an der mit unverminderter Helligkeit und Stärke leuchtenden Fackel seines Hasses und seiner Vaterlandsliebe entzündet. Es ist nötig und wichtig, das kräftige Stück von Hermann den Befreier der Heranwachsenden Generation zu geben, damit ihr in Fleisch und Bein übergehe, welche Werte in der Gefahr auf dem Spiele sichen. Dast das unter kräftigen Impulsen entstandene Werk, noch andere dichterische Werte enthält, als die eines patriotischen Dramas, wird dem so recht deutlich, der sich die Dichtnng gründlich zu eigen inacht. In Hermann, der mit hassender Seele, aber mit klarem Kopf und kühner Hand, seine grosse, aus der Notwendig keit geborene Tat vollendet, wallt das Blut des unverbil deten starken Menschen, des geborenen Feindes der Un natur, der kleinlichen Ichsucht. Er ist das Gcfäst für die Weltanschauung Kleists, die auf der Gegnerschaft aller geistigen Enge und dem Glauben an die Emporentmicklung des Menschen zu grasten Zielen beruhte. Aus der Nor geboren, ein Spiegelbild zerrütteter und schnöder Zeit- umständc, ragt auch die Hermannsschlacht in die Welt jener Dichtungen, üte Tiefstes von ihrem Schöpfer verkünden. — Trotz genialer Konzipierung und gewaltig fortstttrmender Handlung, haften dem Werk, rein künstlerisch betrachtet, die Fehler überhitzter Arbeit an. Namentlich sind es die zahlreichen Anachronismen, die doch störend wirken, auch wenn man gar nicht kleinlich veranlagt ist. Starken Tadel von ästhetischer Seite haben vielfach die Szenen gefunden, in der Thusnelda in mild entfesselter Raserei und Hassens gewalt den schönen Römer Ventidtus dem furchtbaren Tod im Bärenzwinger preisgibt und die andere, in der Hermann und Fust um die Ehre kämpfen, den lebenden Varus ihrem Zorn zum Opfer zu bringen. Aber gerade diese Szenen sind, rein dichterisch betrachtet, stärkster Kleist. Er gehörte einmal nicht zu den temperierten Seelen, seine' Kraft überflutete die Ufer, die Natur ist in ihren gewal tigen erschütternden Erscheinungen, auch nicht lind und gütig. Für Hermann bedeutet gerade die stürmische Be gegnung mit Fust der höchste menschliche Augenblick: er überwindet sich selbst. Es hieße Kleist und seine tiefsten Absichten mißverstehen, wollte man an der Notwendigkeit' dieser Begegnung zweifeln. — Die Aufführung war unter Lcwingers Regie mit sorg faltiger Liebe vorbereitet. Wir haben ja in Dresden, dem' Himmel sei Dank, ein Königliches Schauspielhaus, in dem man der Kunst königlich begegnet. Man gibt dem Dichter was dem Dichter zukommt — in dem würdig und charakteristisch gestalteten Rahmen stand das Drama mit der Fülle leidenschaftlich bewegter Geschehnisse und dem Reichtum psychologischen Gehalts. In dem Cherusker fürsten Hermann und den Römern VaruS und Ventidtus. standen wirklich zwei Weltanschauungen gegenüber und ans dem Tuschen Hermanns wurde TuSnelda, daS aus den Banden der Eitelkeit und Konvention befreite Weib. Tic Idee lebte. Theodor Becker gab den Helden des Dramas. Schon in der Expositivnö szene des ersten Aktes aewann man einen ganz starken und fesselnden Eindruck, aus den Augen dieses Hermann blickte der Dichter, erfüllt von der allgemeinen Not und doch hinwcgschaucnd in höhere Gefilde. In der Verhandlung mit dem römischen Legaten merkte man in der Verstecktheit de- Diplomaten allzu sehr Absicht, und der Szene mit Thuschen gab Becker mehr überlegene Ironie als gutmütig quellenden Humor, Uebcrhaupt germaniscb sonnenhell war der Darsteller nicht. Aber Größe hatte er im Hast und im Handeln und in der Entfesselung natür licher Mittel. Ein beschränkter Schauspieler wird die Rolle rettungslos verderben, hier spürte man wohltuend die
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