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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 04.04.1929
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1929-04-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19290404011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1929040401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1929040401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1929
- Monat1929-04
- Tag1929-04-04
- Monat1929-04
- Jahr1929
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 04.04.1929
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Vvnnerstas, 4 «»eil ISA» RMttltt -er Wlener Regierung Das Kabinett mit Seipel solidarisch Personalschwiertgkeiten als Anlaß Wie«, 8. April. Bu«t>eSka«zler Dr. Seipel unter- treitete dem Bundespräsidenten heute nachmittag di« De- «issio» des Kabinetts. Der Bnndespräfident nahm die De» «lssio« an «nd beauftragte das Kabinett zunächst mit der Fortführung der Geschäfte. Der Demission ging ei« Ministerrat voraus, in dem vundeskanzler Dr. Seipel aussührte. das Antlitz der Republik Oesterreich habe sich in letzter Zeit sehr vorteilhaft verändert, »nd das Staatsleben besinde sich bereits aus dem Wege «or» maler Entwicklung. Die Lage lei derart, daß aus ihr ein be deutsamer Ruck nach vorwärts gemacht werden könne. Hier unter verstehe er die Förderung des Wohnungsbaues, der Rlctsrechtsverfahren, der Justizresorm und der Polizei kompetenzfragen. Da aber seine Person für diese Ent wicklung als Hemmnis angesehen werde, so gebe er seine Demission. Auf Antrag des Vizekanzlers Hartleb beschlob der Ministerrat den Rücktritt der Gesamtregierung, da die oom Bundeskanzler angeführten Gründe für seine Demission i« gleicher Weise alle Mitglieder der Regierung betressen. Nach einer andere« Meldung soll der Rücktritt ans die luucrpolitischen Schwierigkeiten, die der Streik in der Metall industrie znr Holae hatte, znrückznführen sein. A«S parla mentarische» Kreise» erfährt man, dab auch die Haltung des LondbnndeS bc,«glich der Drosselung der polnische« Schwcineeinfnhr den Rücktritt herbeigeführt hätten. Die verschiedenartigen Erklärungen zeigen, dab eigentlich niemand über die wirklichen Gründe dieses Schrittes unter richtet gewesen ist. Tatsächlich hat der Rücktritt überall voll kommen überrascht. Man muß annehmen, dab der Rücktritt eine grundsätzliche parlamentarische Klärung herbeisührcn will, sei es dadurch, daß die Person des Dr. Seipel endgültig aus- schcidct, sei es. daß es Dr. Seipel gelingt, endgültig die per sönlichen Widerstände wegznräumen, unter denen er gelitten hat. Ein Teil der Christlichsoztalcn Partei ist für eine straffere Organisation und Zusammenfassung in kultur politischem Sinne. Von sozialdemokratischer Seite, wenn auch in erster Linie aus politischer Taktik, wird weiter die Be hauptung ausgestellt, die Person des Bundeskanzlers Seipel lei es, welche das wichtigste Hindernis für eine Verständigung bilde. Tatsache ist auch, daß in vielen wichtigen Fragen. wie zum Beispiel der Wohnnngsgesetzgcbung, die sachlichen Gegen- säße eigentlich nicht so groß waren, daß sie eine unüberbrück bare KlufO hätten verursachen müssen. In politischen Kreisen nimmt man an. daß Berlin, 3. April. Nach Meldungen aus Paris erfahren die dortigen Blätter von einer in Berlin lebenden diplomati schen Persönlichkeit merkwürdige Einzelheiten über einen russischen Kirchcnschatz. um den die orthodoxen Emigranten, die Sowsetregierung. englische Banken und der Malteser orden gleichzeitig streiten. Die Angelegenheit verhält sich folgendermaßen: Die verstorbene Kaiserinwitwe von Rußland nahm, als sie nach der Revolution nach Dänemark flog, vier Goldkassetten mit. in denen sie kostbare Gegenstände ver wahrte, den „Schatz von Malta". den der Malteserorden einst dem Zaren Paul I. von Ruß land zur Aufbewahrung übergeben hatte, als die Insel Malta von Napoleon erobert wurde. Paul l. verpflichtete sich, den Schah dem Orden zurückzngcben, wenn dieser seine Souveränität zurückcrlaugt hätte. Die einzelnen Stücke, ein Teil des Wahren Kreuzes, das Kreuz des Großmeisters La Valette. die rechte Hand Johannes des Täufers und ein unter dem Namen „Unsere Mutter von Palermo" bekanntes Bildnis der Heiligen Jungfrau, das dem Evange listen Lncas zugeschricbcn wird, wurden nach dem Tode der Kaiserin von einer Großfürstin dem Metropoliten Antonius anvertrant, der sie dem in Berlin wohnenden russischen Bischof TIchvn übergab. Tichon verwahrte die Gegenstände in der russischen Kirche in Berlin. Nunmehr srrdcn die Sowsetregicrung den Schatz, da er Eigentum der Zarcnsamtlie und folglich nach Somsetrccht Nationaleigentum geworden sei. zurück. Englische Banken anderseits haben zur Erbauung der Kirche eine Million Goldmark vor- geschossen und wollen, da diese Summe vorläufig nicht ab- oczahlt werden kann, den Schatz als Pfand behalten. Schließ lich hat sich auch der Malteserorden gemeldet. Im Anschluß an diese Pariser Mitteilungen hatte ein Vertreter des „LokalanzetaerS" heute eine Unterredung mit dem Oberhaupt der russischen Kirche in Berlin und Deutsch lands. dem Bischof Tichon. Dieser zeigte ihm die Reliquien, die in -er Kirche aafbewahrt werde«. für die künftige Regierung zustande zu bringen. Zu den verschiedensten Vermutungen über die Gründe des Rücktritts wird von unterrichteter Seite bemerkt: Dr. Seipel habe seine Entschlüsse ohne jede Beeinflussung von anderer Seit« gefaßt und tatsächlich keinen anderen Beweggrund gehabt, als sie in seinen Ausführungen im Ministerrat enthalten sind. Wenn Dr. Seipel erkläre, baß er kein Hindernis für eine ruhige Weiterentwicklung der innerpolitischen Lage bilden wolle und deshalb zurücktrcte, so kann man daraus wohl entnehmen, daß er keineswegs geneigt sein dürfte, bei der Bildung einer neuen Negierung wieder das Amt des Kanzlers z« übernehmen. Wie sich die Zusammensetzung der neuen Regierung überhaupt gestalten wird, läßt sich bis heute nicht sagen. Ob zum Beispiel eine grundsätzliche Acndcrung in dem Verhältnis der jetzigen Regierungsparteien zueinander und in dem Verhältnis zur sozialdemokratischen Opposition cintreten wird oder nicht, diese Frage ist noch ganz offen. Die christlich-soziale Fraktion wird sich in ihrer überwiegenden Mehrheit dafür aussprechen, den bisherigen Bundeskanzler aufs neue zu bitten, die Regierung zu über- nehmen. Die Großdeutschen geben die Schuld an der Krise de» heftigen Angriffen der Linken gegen den Bundes kanzler. Man erwartet in den nächsten Tagen Verhand lungen zwischen den bisherigen KoalltionSparteien, um auf der alten Grundlage die neue Regierung zu bilden. Für die nationale Einheitsfront Beschluß -er -eutfchnatlonalen Lan-tas-lraktion Am Mittwoch hielt die dcutschnationalc LandtagSfraktion Sachsens in Dresden eine Sitzung ab, in -er folgende Kund gebung beschlossen wurde: „Die dcutschnationalc Landtags fraktion unterstützt die Bestrebungen eines Zu sammengehens der staatserhaltenden Par teien bei der Landtagswahl mit dem Ziel, Sachsen vor der Wiederkehr einer Zcignerrcgiernng zu bewahren. Im Hinblick ans den ans Wirtschaft «nd Volk lastenden schweren Druck tritt sie ein für die Herstellung des Gleich gewichts in den Staatshaushaltplänen» gegen die Nebcrspannung der Steuern, Schul» und Soziallastcn und für eine klare und entschlossene Antzen» und Handelspolitik. Die Rot des Volkes fordert setzt mehr Der Schatz stellt in der Tat, abgesehen von dem Reliquienwert, ein Objekt von ungeheurem Wert dar. Er ist der höchste Kirchenschatz der russisch-orthodoxen Kirche, lieber seine Geschichte teilt der Bischof folgendes mit: Der Schatz besteht aus zwei goldenen Kästen und einem goldenen Heiligenbild. Einer der Kästen, mit Saphiren und Rubinen besetzt, enthält die Hand Johannes des Täufers. Ein anderer, ebenfalls mit wertvollen Steinen besetzter Kasten, Holzstücke vom Kreuz Christi. Uebcr den Ursprung deö Schatzes ist wenig bekannt. Es steht nur fest, daß die Reliquie, als die Welt von ihr Kenntnis erhielt, sich im Besitze des Zaren Paul befand, der sie zunächst für den Malteserorden verwaltete. Als dann der Orden von Malta verdrängt wurde, geriet er in Verfall nnd die Reliquie wurde dem Zaren Paul zu- gcwiescn. Gegen diese Maßnahme erhob der Papst Widerspruch, wurde aber durch Napoleon gezwungen, sich mit der Schen kung einverstanden zu erklären. Paul I-, der nicht den An schein erwecke» wollte, als ob er die Schenkung nur wegen deö Geldwertes angenommen hätte, gab die Edelsteine und Ju welen zurück nnd behielt nur die religiösen Reliquien, die er nunmehr selber wieder mit neuer äußerer Pracht versehen ließ. Der Schah lag zuerst in der Kirche des Petersburger Pagcnchors und wurde später in die Schloßktrchc gebracht. Auf Betreiben der Synode ließ der Zar den Schatz einmal im Jahre den Katholiken zeigen, und zwar vom 12. Oktober jedes Jahres ab einen Monat. Zu dieser Schaustellung wurde der Schatz alljährlich in die Kathedrale von Gatschina gebracht. Der 12. Oktober galt seit dem als Feiertag des russischen Kalenders. Nach dem Zu sammenbruch nahm die Zarenmntter den Schatz mit nach Kopenhagen und übergab ihn vor ihrem Tode ihrer Tochter Xenia, die ihn wiederum dem Metropoliten Antonius zur Verfügung stellte. Antonius brachte den Schatz bann nach Berlin, und als die neue Kathedrale etngewetht wurde, wurde der Schatz hier aufgestellt. Einheitsfront Die goldenen Tage an der Riviera und an Italiens durchsonnten Frühlingsgestaden sind zu Ende. Die Oster pause. die dis Sachverständigen auf der Flucht vor de« Nebeln, die immer noch über Europa lasten, unter den Pal men der Mittelmeerküste verbracht haben, ist tm Alltag ver schwunden. Sie kehren heute aus einem paradiesischem Stück Erde zurück zu ihrem Tagungsort, um den Enbkampf um das deutsche Schicksal auszutragen, einen Enbkampf, der nüchtern und trocken in dürren Ziffern, in Milliarden, ausgefochten wird. Diese Zahlen, deren Ausmaß sich menschliche Fassungs kraft nur ungenügend vorstellen kann, aber gewinnen Leben und Bedeutung, wenn sie in die rauh« Wirklichkeit umgesetzt werden. Sie können für unser Volk eine Hoffnung zu einem weiteren, wenn auch entsagungsvollen und entbehrungs reichen, Leben werden: sie können aber auch Not, Kummer, Elend und langsames Siechtum an einer unheilbaren TodeS- wunbe bedeuten. Die einleitenden Verhandlungen tn Parts sind vor Ostern abgeschlossen worden. Man hat sich über die Transferierung der deutschen Währung geeinigt. Zu diesem Zweck haben die sachverständigen Bankiers unter Füh rung des amerikanischen Geldfürsten Morgan eine Tribut bank konstruiert. Freilich, vorläufig spricht für dieses In stitut noch sehr wenig. Wir haben bereits auf die Gefahren hingewiesen, die aus dem privaten Charakter dieser Bank für eine später notwendig erscheinende Revision der deutschen Schulden entstehen müssen. Die Sachverständigen find sich weiter darüber einig geworden, daß et« Teil der Tribute pri- vatisiert, das heißt als Reparalionsanleihen in die Hände privater Kapitalisten gelegt werben soll. Damit ist «in Teil des Währungsschutzes, den uns bisher der DaweSpla« gewährte, automatisch entfallen. Private Gläubiger sind hart und unerbittlich. Im thernen Rhythmus der Jahre wer den sic zur festgesetzten Stunde ihre Hand ausstrecken und dis Zinsen und Amortisationen für die privatisierten Tributs fordern. Und wir werden zahlen müssen — ohne Widerrede, ohne Zaudern, und wenn -er letzte verfügbare Pfennig dabei wcggegeben werden muß: denn wir stehen diesen Privatgläu- bigcrn gegenüber unter einem unsichtbaren, aber um so härteren Zwang. Nicht die Bajonette einer zweiten fran zösischen Ruhrarmee werden uns zwingen und die Peitschen, die die Fronvögte des Pharao über den geknechteten Kindern Israels schwangen, sondern dis allgegenwärtig« Macht des internationalen Kredits. Die Sachverständigen der Gegner wissen es und haben es ausgesprochen-, Deutschland, das so sehr mit der Weltwirtschaft verflochten ist, kann nie seinen internationalen Kredit gefährden. Das aber würde es tun, wenn es seine privaten Tributgläubiger nicht mehr befriedigen wollte. So wird die unsichtbare Macht des inter nationalen Kredits zum zuverlässigsten un- härtesten Fronvogt eines Kulturvolkes. Das alles hat man in Paris in grauen und nebeligen Tagen dieses späten Winters geregelt. Aber das eine und Wichtigste hat man sich zum guten Abschluß aufgespart: dis Festsetzung der Endsumme, die Deutschland nun eigentlich zahlen soll. Dieser Ausgabe wollen sich die Sach verständigen nun unterziehen. Die Summen, die die fran zösischen Unterhändler genannt haben, haben unsere Hoff nungen auf die Einsicht unserer Gegner auf den Nullpunkt herabsinken lassen. Ueber drei Milliarden wurden genannt, höhere Annuitäten, als sie der Dawesvertrag uns auferlegt. Wesentlich geringer sind die Summen, die der amerikanische Delegationsführer Owen-Uoung als Minimum nannte. Sie bewegen sich — falls die Gerüchte richtig sind — um 1F Mil liarden. Die gegnerischen Sachverständigen erhoffen auf diese Weise schließlich als Endsumme das arithmetische Mittel aus diesen beiden Zahlen in Höhe von 2,2 M i l li a r b e n sestzusetzcn. Wie wenig gerecht diese For derung der deutschen Leistungsfähigkeit wird, beweist die Tat sache, daß der deutsche Delegattonsführer D r. Schacht bis jetzt unerschütterlich daran festgehalten hat. daß daS Maximum schon bei einer Summe von etwa einer Milliarde er reicht sei. Man hat ihm gedroht, daß diese Summe das Schei tern der Konferenz bedeuten müsse. Die gegnerischen Mächte haben ihre Unnachgiebtgkeit damit zu rechtfertigen gesucht, baß Deutschland ihre Schulden an Amerika bezahlen müsse» zuzüglich einer Summe für Frankreichs Wiederauf« bau. Zu dieser letzteren Forderung ist deutscherseits zu er klären, daß der Wiederaufbau längst vollendet ist und in Wahrheit zu einem grandiosen Ausbau der französische« Volkswirtschaft wurde, der Frankreichs Fabriken zu den modernsten und leistungsfähigsten von ganz Europa gemacht hat — und zwar ausschließlich auf Deutschlands Kosten. Wen« England nunmehr die französische Konkurrenz so bitter emp findet, so wäre es eigentlich einmal an der Zeit, daß sich di« Verantwortlichen in London über diese Zusammenhänge Ge danken machen würben. Des weiteren sollen wir für die amerikanischen Schulden unserer Gegner aufkomme». Mau weist darauf hin, daß daS reich« Amerika «S in der Hand hätte, durch Nachgiebigkeit auch Deutschlands Gegnern dttz Möglichkeit zur Ermäßigung der Tribute zu gebe«. «merM die Krise von längerer Dauer sein dürfte. Gerade weil sie grundsätzlichen Charakters ist, wir- cs sehr schwer sein, eine neue tragfäytge Kombination als je eine starke nationale Front. Wäger Streit um einen kostbaren Kircheuschah Sie russische Arche, die Sowjets, »or Malteser Orden und englische Banken erheben Anspruch
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