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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 03.05.1929
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1929-05-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19290503010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1929050301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1929050301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1929
- Monat1929-05
- Tag1929-05-03
- Monat1929-05
- Jahr1929
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 03.05.1929
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AktÜiV, ^ Mai 1828 Die zweite Aufruhmacht in Beetin Das UMinWikttkl wieder im Siinkrl Die Polizei hat zuvelernt Berlin, 2. Mai. Heute nachmittag zwischen 2 «nd 2 Uhr kam es am Bülowplatz vor dem Sarl-Liebknecht-Haus zu erneuten Zusammenstößen zwischen Polizei und Kommu nisten. Einige hundert Kommunisten versuchten Demon- ftrationszüge zu bilden, die von der Polizei nach wieder holte« vergeblichen Aufforderungen, auseinanderzugehen, mit dem Gummiknüppel zerstreut werben mutzten. Nachdem eö tagsüber im Neuköllner Arbeiterviertel verhältnismäßig ruhig geblieben ist, sammelten sich in den späten NachmtttagSstunde» an der Hermann- Ecke Prinz- Handjery-Straße wieder größere Menschenmengen an. Kurz vor 8 Uhr hatte die Polizei Verstärkungen herangezogen, um eine erneute Säuberung der Hermannstraße durch Ab riegelung der Nebenstraßen durchzufahren. Die ganze Her mannstrabe ist wieder von dichten Menschenmengen gefüllt. Mehrere Hundertschaften Polizei haben in der Steinmetz- straße Aufstellung genommen. Eine allgemeine Schießerei ist im Gange. Der Herd der Unruhen scheint diesmal nicht in der Hermann straße, sondern zwischen Berg- und Hermannstraße in der Nähe der Falkstraße zu liegen. In den Straßen am Wedding, die gestern abend der Schauplatz eines lebhaften Feuergesech- tes waren, ist es heute im Laufe des Nachmittags zu erneuten Ausschreitungen gegen Polizeiposten gekommen, Kurz vor 5 Uhr wurde in der Kösliner Straße eine Polizeistreife von einer erregten Menschenmenge angegriffen und die Polizisten machten von ihren Schußwaffen Gebranch. Vier Per sonen sind verletzt worden. Ein junger Mann hat u. a. einen Oberschenkelschub und eine Frau einen Streifschuß am Kopf erhalten. Die Straßen wurden mit dem Gummiknüppel gesäubert, und da sich immer mehr erregte Menschenmassen anfammeltcn, wurden anf Lastkraftwagen mehrere Hundertschaften nach dem Wedding entsandt, um neuen schiveren Ausschrei tungen zuvorzukommen. Die Polizei hat die Kösliner, Wie sen- und Pankstraße, in denen sich gestern die Tumulte ab spielten, sowie die Reinickendorfer Straße mit einem großen Aufgebct von Beamten besetzt. In dem Gebiet der gestrigen Unruhen hinter dem Nettelbeckplatz waren die Gaslaternen in der kösliner und wedding- flrahe, die heule repariert worden waren, bereits wieder zerschlagen. so daß die betreffenden Straßenzüge wieder, wie gestern, in tief« Dunkelheit gehüllt sind. Die Straßen sind von dichten Menschenmasscn erfüllt, die sich in die Hausfluren der an liegenden Häuser drängen. Die Polizei begnügt sich damit, die Zugänge zu dem Viertel, das aus Verbindungsstraßen zwischen größeren Verkehrsadern besteht, abgcriegelt zu Hal tern In der ganzen Umgebung sind die Polizeistreifen auf zehn Mann verstärkt worden, da die Erfahrung gelehrt hat, daß kleinere Streifen regelmäßig überfallen werden. Der Untergrundbahnhof Scestraße wurde im Laufe des Abends mehrfach vorübergehend geschloffen. Der Verkehr in den Durchgangsstraßcn ist durch die polizeiliche» Maßnahmen nicht behindert. In den späten Abendstunden wurde die Lage in Neu kölln äußerst bedrohlich. Die -Schießereien zwischen Demonstranten der KPD. und der Schutzpolizei verschärften sich zusehends. Unaufhörlich rollten Krankenautos mit Ver letzten davon. Ob auch Tote zu verzeichnen sind, ließ sich nicht feststellen, zumal in den hauptsächlichsten Kampfstraßen, der Steinmetz- und Prinj-Handjerystraße, wiederum alles Licht ausgelöscht war. In diesen Strotzen hatten die Kommunisten wiederum Barriere« errichtet. hinter denen verschanzt sie unaufhörlich auf die Polizei schossen. Gegen 10,80 Uhr rückten von allen Seiten Schupo verstärkungen heran, dazu Panzerautos mit Maschinen gewehrbesatzung. Die neuanrückende Schupo war mit Karabinern ausgerüstet, zum Teil trugen die Beamten Handgranaten. Scheinwerfer und Leuchtpistolen er hellen das nächtliche Kampfgebiet. Die Demonstranten sind eingekesiell. Der Verkehr ist lahmgelegt. Auch die Presse wird von der Polizei vom Kampfgebiet gewiesen. Die Taktik der Kommunisten ging ursprünglich dahin, in kleineren Trupps die Polizei immer wieder zu beunruhigen. Während es am Wedding verhältnismäßig ruhig blieb, wurden aber die Gemüter besonders in der Neuköllner Gegend durch kommunistische Scharfmacher derart auf geputscht, daß sich der dortige Kleinkrieg zu einer regelrechten großen Straßenschlacht entwickelte. Die Arbeiter werden zum politischen Generalstreik aufgcfordcrt. Der Einsatz des Panzerwagens sichert« der Polizei sehr bald erhebliche Ueberlegenheit. Der Panzerwagen fuhr durch alle Straßen des unruhigen Stadtteils und griff gelegentlich mit seinem wirksamen Feuer ein. Der Straßen bahn- und Untergrundbahnverkehr wurde gesperrt, nach 11 Uhr nachts auch der gesamte Privatverkehr. Das Ge sindel versuchte immer mehr Straßen durch Ansdrehen der Beleuchtung zu verdunkeln. Die Zahl der Toten des Donnerstagabend hat sich «m Mitternacht ans S erhöht. Verletzt sein dürften etwa 20. Um Mitternacht fielen nur noch vereinzelte Schüsse. Die Häuserfronten wiesen bis zu den Dächern hinauf zahl reiche Spuren von Einschüssen auf. namentlich in der Jägcr- straße. Die Deckungsgrenze erreicht Der Ausweis der Relchsbank zum Monatsende Der Ausweis der Nctchsbank vom 80. April zeigt in der Mtimowoche ein Anwachsen der gesamten Kapitalanlage der Bank in Wechseln nnd Schecks, Rcichsschatzwechseln, Lom bards und Effekten um 831,5 Millionen auf 8281,8 Millionen Reichsmark. Im einzelnen sind die Bestände an Wechseln und Schecks um 550,8 Millionen auf 2790,2 Millionen Reichsmark, die Bestände an Rcichsschatzwechseln um 58,8 Millionen aus 136.1 Millionen Reichsmark und die Lombardbestände um 221.1 Millionen aus 282.1 Millionen Reichsmark angewachsen. An Retchsbank Noten und Rentenbankscheinen zusammen sind 760,3 Millionen Reichsmark neu in den Ver kehr abgeflosscn, und zwar hat sich der Umlauf an Reichsbank- notcn um 712,8 Millionen auf 1831H Millionen Reichsmark, derjenige an Rentcnbankschcine» um 17,7 Millionen auf 188,1 Millionen Reichsmark erhöht. Demgemäß ist der Bestand der Retchsbank an Rcntenbankscheincn aus 8,8 Millionen Reichs mark zurückgegangcn. Die fremden Gelder zeigen mit 585,1 Millionen Reichsmark eine Abnahme um 181,2 Millionen Reichsmark. Tie Bestände an Gold nnd decknngSfählgen Devisen insgesamt haben sich «m 287.9 Millionen ans 1988.9 Millionen Reichsmark vermindert. Die Abnahme ent fällt anf die Goldbestände, die sich «m 287Z Millionen anf 1891.« Millionen Reichsmark verringert haben. Die Bestände an decknngssähiqen Devisen haben um 89.1 Millionen aus 99,4 Millionen Reichsmark zugenommen. Die Deckung der umlaufenden Roten durch Gold allein stellt sich ans 49.8 Prozent gegen 85.« Prozent t» der Vorwoche, diejenige durch Gold nnd decknngSsähige Devisen ans 43,9 Prozent gegen 8«,« Prozent in der Vorwoche. Das NotendeckungSverhältniS ist am 30. April auf 13 A gegen 56,8 A, in der Vorwoche zurückgegangen, ein Satz, dernahean dieMinde st grenze der Notendeckung von 10 herankommt. Neben einer weiteren starken Schwächung des Goldschatzes um 287 Millionen Reichsmark hat zu dieser Entwicklung namentlich die unge wöhnliche Zunahme des Notenumlaufs um 780 Millionen Reichsmark betgetragen. Maßgeblich hierfür war außer dem regelmäßig an Monatsenden verstärkten Geldbedarf von Handel und Industrie diesmal ganz beson ders die Anforderung, die das Reich über den 170-Milltonen- Kredit der Banken an den Geldmarkt stellte. Es ist jedoch zu erwarten, baß sich das NotendeckungSverhältniS bereits in den nächsten beiden Reichsbankausweisen wieder wesentlich bessern wird, da erfahrungsgemäß schon in den ersten Tagen des neuen Monats regelmäßig stärkere Rückflüsse an die Reichs bank erfolgen, die, wenn sich der Gold- und Devisenbestand nicht mehr wesentlich nach unten verändern wirb, auch wieder ein besseres Notcnbeckungsverhältnis herbeiführen dürsten. Aushebung des SastbesM gegen «ras Kristin« Breslau» 2. Mai. Der 1. Strafsenat des Oberlandes« gerlchtS hat in Sache« des Grafen Christian Stolberg folgenden Beschluß gefaßt: Der. angesochtene Befchlnß wie der Haftbefehl deS Amtsgerichts Hirschberg vom 19. März d. I. «nd der die Hastsortdaner auordnend« Beschluß deS Unter suchungsrichters beim Landgericht in Hirschberg vom 21. März werden ansgehoben, weil dringender Tatverdacht eines Ver brechens znrzeit nicht »orliegt und der dringende Tat« verdacht der fahrlässigen Tötung Fluchtverdacht nicht recht fertigt. Maikater Es hat Zweifler gegeben, die die planmäßige Hetze der Kommunisten zum blutigen Aufstand nicht ernst nahmen. Man stellte sich aus den Standpunkt, daß im voraus angekündigtc Revolutionen nie eintreffen, daß ein Erfolg immer nur dann eintritt, wenn das Unheil uns unvorhergesehen überfällt, wie der Blitz aus heiterem Himmel. Tie für Ruhe und Sicherheit verantwortlichen sozialdemokratischen Beamten in Berlin, die Genossen Grzesinski und Zörgiebcl, werden wohl ähnlich gedacht haben. Sie haben nicht daran geglaubt, daß es der röteren Konkurrenz bitterer Ernst mit ihrem hysteri schen Schrei nach Menschenopfern zum roten Feiertag ist. Berlins roter Polizeipräsident hat denn auch nur halbe Maßnahmen zur Abwehr der kommunistischen Ausschreitungen ergriffen. Er ha/ es ruhig zugclassen, daß das bolschewistische Hetzorgau der Neichohauptstadt, die „Rote Fahne", während der ganzen letzten Woche in jeder Nummer das Demonstrations- verbvt verhöhnen durfte. Ja, noch schlimmer! Er hat nicht den kleinen Finger krumm gemacht, als das MoSkvwiter- blatt zum Spott noch die Aufforderung zumcfsene« Widerstand gegen die Staatsgewalt setzte. Man ließ es ruhig geschehen, daß in jeder Nummer dieses gewissen losen Blattes mit dem Rufe „Auf die Straße!" zum be waffneten Aufruhr gegen die polizeilichen Verordnungen auf gcfordcrt wurde. Im nachrevolutionüren Deutschland war man bisher nicht allzu zimperlich, wenn es galt, Zeitungen, die in großem Gegensatz zum herrschenden System standen, zu verbieten. Allerdings gilt dieser Satz hauptsächlich hinsicht lich der äußersten Rechten. Gegenüber den Radikalinskis auf der Linken legten die herrschenden Sozialisten, denen immer die eigene Vergangenheit als unveräußerlicher Schatten nachgeht, eine unglaubliche Geduld an den Tag. Es wäre daher, angesichts der gewissenlosen Hetze der „Noten Fahne" dringend nctwendig gewesen, das Blatt zu verbieten und am Vorabend des 1. Mai die schlimmsten Hetzer in Sicherheits- Verwahrung zu nehmen. Ohne die systematische Aufreizung der Massen wäre cs nie zu den bedauerlichen Barrikaden kämpfen gekommen, bei denen nicht nur zahlreiche brave Polizisten, sondern auch gänzlich Unbeteiligte Verwundungen» teilweise sogar mit tödlichem Ausgange, davontrugen. In dieser Unterlassungssünde, in der Angst vor ganzen Maßnahmen zum Schutze der bedrohten Staatsautorität liegt die Schuld -cs sozialdemokratischen Berliner Pottzei- präsidcnten. Wir haben an dieser Stelle bereits einmal bar- anf hingewiesen, wie sehr sich die Halbheiten der verantwort lichen Stellen psychologisch aus der Vergangenheit der jetzt in Amt und Würden sitzenden Sozialdemokraten erklären. Gewiß, cs mag für die Herren ein peinliches Gefühl sein, im Interesse der öffentlichen Sicherheit Maßnahmen zu er greifen, die man früher als unbeschwerter Agitator verdammt und deren gewalttätige Umgehung man früher selbst laut gefordert hatte. Aber nachdem man sich schon zu der Er kenntnis hatte durchdringcn müssen, daß cs die Kommunisten am 1. Mai auf etwas ganz anderes abgesehen batten, als auf eine harmlose Frühlingswanberung znm idyllischen Zweck« des Gänfeblümchenpslückens, wäre es Pflicht der Verantwort- lichen gewesen, dafür zu sorgen, daß das Demonstrationsver bot nicht mit der Aufforderung zum bewaffneten Wiberstan- beantwortet wird. Wenn der Staat verbieten muß, dann empfiehlt es sich, ganze Arbeit zu machen. Wie wett man mit dem System der Halbheiten kommt, hat dieser Bluttag in Berlin bewiesen. Auch die Schupo hat das bitter empfinden müssen. Wohl hat man 15 000 Schupcbeamte mobil gemacht, sie jedoch nur mit Revolvern und Gummiknüppeln ausgerüstet. Diese mangelhafte Bewaffnung erwies sich natürlich als nicht ausreichend. Hätte die Schupo gleich von Anfang an Karabiner und Maschinengewehre mitführcn dürfen, so wäre es sehr wahrscheinlich gewesen, daß der Janhagel auf Widerstand oder gar aus Angriff verzichtet hätte. Das beschämende Schauspiel, das an die schlimmsten Spartakuözeiten erinnert, wäre ver- mieden worden, und zu dem Kampf mit kommunistischen Revolverhelden, die, durch die unzulängliche Bewaffnung der Schupo ermutigt, aus unerleuchteten Fenstern in nächtlichen Straßen auf die Patrouillen schossen, wäre es bestimmt nicht gekommen. Der Berliner Barrikadenkampf wird weiterhin ver hängnisvolle politische Folgen haben. In erster Linie wirb davon die Sozialdemokratische Partei betroffen werden. Und bet den Führern herrscht denn auch bereits ein erheblicher Katzenjammer. Die skrupellose Agitation der Kommunisten bekommt neue Nahrung. Die Sozialdemokratie wird es nicht vermeiden können, -aß die Opfer dieses Mai- tageS von den Kommunisten gegen sie ausgespielt werden.
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