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Deutsche allgemeine Zeitung : 06.02.1856
- Erscheinungsdatum
- 1856-02-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id799109797-185602065
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id799109797-18560206
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-799109797-18560206
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDeutsche allgemeine Zeitung
- Jahr1856
- Monat1856-02
- Tag1856-02-06
- Monat1856-02
- Jahr1856
- Titel
- Deutsche allgemeine Zeitung : 06.02.1856
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Mittwoch. — Nr 31 6 Februar 1856. «eipzi». Di'Zeitung erscheint mit Ausnahme de« Moutaa« täglich und wird Nachmittag« 4 Uhr au«, gegeben. Preis für da« Vierteljahr 1'/, Thlr.; jede einzelne Nummer 2 Ngr. DtilW AgtMim Milllg. --Wahrheit und Recht, Freiheit und GesetzI« Zu beziehen durch alle Postämter de« In- und Auslandes, sowie durch die Erpcdition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Jnsertionsgebühr für den Naum einer Zeile 2 Ngr. Und was dann? ---Leipzig, s. Ftbr. Und wenn wir nun wirklich den Frieden erlan gen, unter den Modalitäten erlangen, unter denen er jetzt angestrebt wird, was wird dann weiter kommen? Daß die Spannung der internationalen Verhältnisse damit ihr Ende erreicht haben werde, mit dieser Hoffnung kann sich nur schmeicheln, wer den gegenwärtigen Stand der Dinge und die Lehren der Geschichte nicht kennt. Wir sind noch lange nicht dahin, wohin wir hoffentlich mit der Zeit durch die allgemeinen Fortschritte der Civilisation kommen werden — daß die verschiedenen Nationen und ihre Regierungen, einzig und allein mit ihrer innern Entwickelung, mit der fried lichen Bethätigung und Ausbildung ihrer Kräfte und der Ausbeutung ihrer natürlichen Güterquellen beschäftigt, alle Gedanken an militärische Erobe- rungen, diplomatischen Einfluß über die Nachbarstaaten und politisches Uebergewichl im allgemeinen Staatensystem vergäßen. Noch immer ist eine leider nur zu große Summe der gesammten Kraft und Thätigkeit der ein zelnen Mächte, namentlich der größern, auf jene äußern Zwecke gerichtet, und au- dem Widerstreit dieser sich begegnenden und durchkreuzenden Stre bungen entstehen fast unausbleiblich von Zeit zu Zeit Conflicte, die früher oder später zu Verwickelungen der ernstesten Art führen, wie wir eine solche eben jetzt in der orientalischen Krisis erlebt haben. Wird eine solche Krisis gründlich durchgekämpft, so tritt, sei eS wegen der Erschöpfung des einen oder aller Theile, sei es, weil der Gegenstand wirklich erschöpft ist, auf längere Zeit Ruhe ein; wird sie nur nothdürftig beigclegt, so kommen, wie bei unvollkommenen Krisen in Krankheiten, leicht Rückfälle vor, oder, um ein anderes Bild aus der Natur zu gebrauchen, es geht wie bei den Ge wittern, die, wenn sie sich nicht vollständig entladen, nach einiger Zeit zum zweiten male, und gewöhnlich mit verstärkter elektrischer Spannung, zurückkehren. Niemand wird behaupten wollen, die orientalische oder sagen wir besser die europäische Krisis von heute sei bereits vollständig nach allen Seiten hin durchgekämpft, abgeklärt, erledigt. Weder die kriegerischen Ereignisse noch die diplomatischen Ver- und Entwickelungen haben einen solchen Ab schluß erreicht, wie wir ihn in andern Kriegen ein Ende des Kampfes und ein« Verständigung herbcisühren sahen. Keine einzige eigentlich entschei dende Schlacht ist geschlagen, kein Feldzug von großen Dimensionen aus geführt, kein Landstrich von verhältnißmäßiger Bedeutung erobert worden. Ebenso halb und unvollendet sind die diplomatischen Combinationen dieses, in so unpassenden Verhältnissen sich bewegenden Kampfes. Oesterreichs halb active und doch in die wirkliche Action nicht übergehende, Preußens anscheinend völlig passive und doch zuletzt in bestimmter Richtung einen Druck übende Neutralität, Schwedens embryonisches Bündniß mit dem Westen — alle- Dies sind halbe, unfertige Stellungen, zu weit vorgcscho- ben um alsbald wieder völlig zur Ruhe zu kommen, zu wenig entwickelt um in dem Gethanen und Erreichten eine Befriedigung und einen Ab schluß zu finden. Aber Frankreich, dessen Volk und Regierung in diesem Augenblick auf nichts mehr als auf den, Frieden hinzudrängen scheinen, wie wird es nach Abschluß diese-Friedens, nach Zurückziehung seiner siegreichen Armee aus der Krim dastehen? Seine gewaltige kriegerische Kraft und Begeisterung ist durch den zweijährigen Kamps mächtig aufgeregt — aber auch befriedigt? Sein militärisches und diplomatisches Uebergewichl hat sich gezeigt, aber welche Frucht desselben trägt es schließlich davon? Kein Staat geht vielleicht auS der gegenwärtigen Krisis mit so wenig reellem Gewinn hervor wie gerade Frankreich. England mag sich rühmen, die Entwickelung der russischen Seemacht auf längere Zeit gehemmt, das Schwarze Meer und die Donau dem freien Handel und damit seiner übermächtigen Ge- werbSthätigkeit erschlossen, seine indischen Besitzungen vor einem Angriff Rußlands durch Schwächung dieser Macht gesichert zu haben. Selbst Oester^ reich, welches keine Kanone in diesem Kriege abgcschossen hat, wird aus demselben gleichwol wesentliche Vortheile ziehen, indem es an. die Stelle des beseitigteck russischen Einflusses in den Donaufürstenthümern den seinen setzen kann, indem e- die schon begonnene Umklammerung seines Gebiets durch Rußland vom Süden her rückgängig gemacht, der russischen Propaganda in den slawischen Ländern an der Donau einen Damm gezogen sieht, in dem endlich seiner Industrie und stinein Handel die reichsten Absatzquellen in den fruchtbaren Ländern an der Donau sich erschließen. Frankreich aber, welche- den hervorragendsten Antheil an den Opfern wie an. den Erfolgen dieses Krieg- gehabt hat, was hat cs dadurch wirklich gewonnen? Außer dem Glanz militärischen Ruhms nur etwa jenes diplomatische Prestige, je nen beherrschenden Einfluß auf andere Staaten, welcher mehr eine Anwei sung auf reelle, praktische Vorthcile, als selbst schon ein solcher ist. Wird Frankreich diese Anweisung in der Tasche behalten und sich mit der bloßen Eitelkeit ihres Besitzes begnügen, oder wird es dieselbe nicht vielmehr sobald als möglich einzulösen und zu realisiren trachten? Wird es sich für die ver- auSgabte» Milliarden und das vergossene Blut seiner Söhne hinreichend belohnt halten durch die Lorbern von der Alma und vom Malakow, oder durch das stolze Bewußtsein, daß sein Wille mächtig genug war, um den Frieden nicht blos seinem Gegner, sondern selbst seinem Bundesgenossen aufzudringen? Wird cs nicht die Entschädigung, welche cS dort — wer mag wissen, warum — zu fodern zu prüde war, später, wenn es vielleicht diese Prüderie bereut, anderwärts suchen und die dort gezeigte übergroße Uneigennützigkeit nach anderer Seite hin um so ungescheuter verleugnen? Und wenn nun diese ganze Summe aufgestachelten und nur halb be- friedigten Ehrgeizes in den Reihen der Sieger, tiefcmpörten und gekränk ten Stolzes in denen der Besiegten, neuentzündetcr Bitterkeit und Feindse ligkeit unter den in dieser Krisis in ganz neuen Combinationen einander gegenübergcstelltcn Neutralen einen Ausweg und eine Befriedigung sucht, wird dann nicht an der Stelle des gehofften dauernden Friedens - und Ruhestandes eine fortgesetzte allgemeine Unruhe, der nur zu fruchtbare Keim neuer Krisen, sich zeigen? Werden nicht neue politische Combinationcn, neue Allianzen, neue Jntriguen unter der anscheinend glatten und ruhigen Oberfläche ihr gefährliches Spiel beginnen, bis zuletzt ein neuer gewalt- sanier Ausbruch die jetzt unterbrochene Krisis zum endlichen, vielleicht dop pelt blutigen Austragc bringt? Noch sind die Präliminarien des gehoff ten und ersehnten Friedens nicht unterzeichnet, und schon tauchen Gerüchte auf von einem verhängnißvollen Wechsel der Allianzen, von einem russisch französischen Bündniß, in welchem möglicherweise Oesterreich der Dritte sein, welches aber dem britischen Jnselreiche fremd, vielleicht feindselig ge- genüberstehcn würde. Wir haben eine solche Verschiebung der Allianzen schon einmal in ganz ähnlicher Weist in unserer neuern Geschichte gehabt. Im Schlesischen Kriege standen Preußen und Frankreich im Bunde gegen Oesterreich, England dagegen auf des letztem Seite. Rußland hielt sich mehr zu der erstem als zu der letzter« Gruppe. Einige Zeit darauf sehen wir Oesterreich, bemüht, die empfangene Scharte auSzuweßen und an Preu ßen sich zu rächen, Bündnisse gegen dieses cingehen mit Frankreich und Rußland, während England nunmehr auf Preußens Seite tritt. Sollte sich wol dieser Vorgang von damals jetzt wiederholen? Sollte die G«- schichte noch einmal ein französisch russisch-österreichisches Bündniß gegenüber einem englisch-preußischen sehen? eine neue Triplcallianz an der Stelle der langjährigen nordischen? oder aber eine neue Continentalligue gegen da- alleinstehende britische Znsclreich? Und welche Rolle würbe in dem einen und dem andern Falle Deutschland spielen, welches Loos würde ihm zufat- len? Das sind Fragen, denen nachzuhängcn der Patriot so Veranlassung wie Muße genug haben wird, wahrend die Diplomaten Cvnferenzen hal ten, Protokolle schreiben und Friedensinstrumente ausarbeiten. Deutschs««-. Vom Main enthält die Allgemeine Zeitung folgenden Artikel: „Die Friedenspräliminarien sind in bindender Weise vollzogen und der Waffen- stillstand ist beschlossen. Dämit ist der Emst documentirt, mit welchem man von allen Seiten auf Grundlage der österreichischen Vorschläge, und nur auf Grundlage dieser Vorschläge das Friedenswerk angreift, und es ist ein diplomatisch und militärisch nicht mehr zu alterirender Ausgangs punkt gewonnen: wir haben endlich festen Boden unter den Füßen. Aber wenn auch viel, so ist damit nicht Alles erreicht. Was Rußland zuge- standen, hat es «angesichts einer Coalition, die immer größere Verhältnisse anzunehmen im Begriff stand, und der Opfer, welche die Fortsetzung des Kriegs ihm aufzulegen drohte», zugestanden; angesichts der Thatsache, daß das ganze vereinigte Europa die Foderungen des europäischen Interesses ver tritt, wird es sich der Ueberzeugung nicht verschließen, daß es, w«S es «rückhaltlos» verheißen, auch rückhaltlos halten müsse; jede Lücke aber in dem europäischen Concert wird ihm zur Hinterthür werden, sich d«n Can- sequenzen seiner allgemeinen Zugeständnisse zu entziehen. Nicht um wei teres Blutvergießen zu verhüten, und was dergleichen Phrasen mehr sind, läßt Rußland sich den Glorienschein der Unüberwindlichkeit vom Haupte rei ßen und entschließt es sich, einer Politik zu entsagen, die seit ISO Jahren unverrückt nach dem Bosporus wies — es wird nur wollen, was und weil eS muß. Nun wohl, so sorge denn Europa dafür, daß eö müssen muß, Europa, und Deutschland zunächst und vor allem, denn Deutschland ist di« einzige Großmacht, die ihr letztes Wort noch nicht gesprochen^ Noch einmal ergeht jetzt der Ruf an Deutschland, die Stellung einzunehmen, di« ihm im Rath Europas gebührt, und die ihm bisjetzt fast gegen seinen Willen offengehaltcn worden; noch einmal ist ihm die Möglichkeit gegeben, selbst- lhätig und bestimmend einzuwirken auf die Neugestaltung der Verhältnisse unscrS Welltheils. Aber die elfte Stunde hat geschlagen. Welchen Ein fluß auch Oesterreich in die Wagschale legt, eö kann den Westmächtrn nicht
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