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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.11.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19071102021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907110202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907110202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-11
- Tag1907-11-02
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Suzeigen-PreiS chr Inserate au« Leipzig und Umgebung di, Sgespalleu, Leiitzeil« 25 Ps., finanziell» Anzeigen 30 Ps., Reklamen 1 M.; von auäwärt« 30 Ps., Reklamen 1.20 M. »omAu«land50Ps., finanz. Anzeigen75Ps. Reklamen 1.50 M. Inserate v. Behörden im amtlichen Teil 40 Pi Beilngegebühr 5 M. p. Tausend exkl. Post gebühr. Keschästtanzeigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Taris. Festerteilte Austräge können nicht zurück, gezogen werden. Für da, Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme. Augustu«platz 8 bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen. Expeditionen de« In- und Ausländer. Haupt Filiale Berlin . Earl Tunck: , Herzog!. Bahr. Hofbuch handlung Lützowftrahe 10. (Telephon VI. Nr. 4603). -tt. M. Sonnabend 2. November 1907. 101. Jahrgang. Das wichtigste vom Tage. * Unter Vorsitz des Kultusministers Dr. Holle fand gestern in der Angelegenheit des vom Kardinalerzbischof Dr. Fischer- Köln gemaßregelten Bonner Professor Schröers eine Konferenz statt. Eine Entscheidung ist noch nicht getroffen. Die Konferenz wird heute fortgesetzt. * Der in Leipzig ins Leben gerufene Reichsbürgerver ein hat die behördliche Anerkennung als eingeschriebener Verein erlangt und seine Geschäfts st elle eröffnet. sS. Dtschs R.) ' Bei Sosnowice ist eine neu ^Grenzverletzung durch Kosaken vorgekommen. sS. Ausl.) * Der Großherzog von Toskana liegt inAgonie. (S. Ausl.) * Wegen der Zunahme der Cholera in Rußland hat Oesterreich Sperrmaßregeln an der Grenze angeordnet. (S. Ausl.) * In Portugal droht die konservative Partei mit einer Entthronung des Königs. sS. Ausl.) Militärisches zrrnr Hnr-en-Prozesz. Vom 17. November 1906 aus Donaueschingen datiert die Kaiser- liche Kabinettsorder, wonach dem Major und Kommandeur der Leib- Eskadron des Regiments der Gardedukorps, Grafen zuLynar, der Abschied mit der gesetzlichen Pension bewilligt wurde. Die Vorge schichte dieser Verabschiedung ist bisher nur teilweise bekan'nl ge- worden. Der Bursche des Grafen hatte unter Angabe eigenartiger Gründe um Ablösung gebeten. Es war daraufhin der Graf von seinem Regimentskommandeur, Obersten Freiherrn von Richthofen, zum Be richt über sein Verhalten dem Burjchen gegenüber aufgefordert worden. Graf Lynar wich dieser dienstlichen Aufforderung aus, indem er sich krank meldete und seinen Abschied emreichte, der nicht, wie man unter den besonderen Verhältnissen oes Falles hätte annehmen dürfen, sofort, sondern unauffällig mit den großen Veränderungen, den „Gesuchs- lisien' Monats, seine Lr'cvigung sand. Du dick Berechtigung zum Tragen der Regimentsuniform dem ausscheidenden Offizier, nicht erteilt worden war, konnte in der Armee kein Zweifel über den nicht einwandssreien Grund des Lynarfchen Abgangs bestehen. In Potsdamer Offizierkreisen, wo die langjährige Intimität „Harry" Lynars mit dem Grafen „Willy" Hohenau bekannt war, regte sich alsbald der erste Verdacht gegen den diensttuenden General ä 1s suite- des Kaisers. Mehrere jüngere Garde-Kavallerie-Offiziere gaben nach oben hin ihren Bedenken offen Ausdruck. Unter der Hand sind auch Ermittelungen wegen der vits soxualis des Generalmajors Grasen von Hohenau angestellt worden. Inwieweit diese Erhebungen ein positives Ergebnis gehabt haben, ist jedoch nicht bekannt geworden. Sicher ist nur, daß der oberste Kriegsherr damals weder von den Ver dachtsmomenten gegen ein Mitglied seines militärischen Gefolges, noch von der Tatsache und dem Ausgang der Recherchen in Sachen Hohenau Mitteilung erhalten hat. Jetzt endlich ist dem Monarchen bekannt ge worden, daß schon vor Jahresfrist hohe Militärs seiner engeren Um gebung in der Lage waren, ihn über die Bedenken gegen den Grafen Hohenau aufzuklären und durch ihr Schweigen eine vornehme Pflicht verabsäumt haben. Erhebliche Veränderungen in hohen militärischen und Hof st ellen werden darum als bald bevorstehend erwartet. Feuilleton. Die zwei Weisesten der Menschen, Sokrates und Christus, schrieben keine Zeile. Karl Jul. Weber. * Literatrrrsorgen. Von Paul Zschorlich (Berlin). Man hat den Literarhistoriker Adolf Bartels wohl niemals als schlechterdings maßgebend betrachtet. Aber auch die, welche seinen literarischen Chauvinismus erkannt und belächelt haben, können doch nicht umhin, zuzugeben, daß sie aus seiner „Deutschen Dichtung der Gegenwart" reiche Anregung geschöpft. Bartels' literarischer Kredit ist durch die ominöse Heine-Publikation keineswegs gestärkt worden. Hier wuchs sich die Einseitigkeit zur Manie aus, das Porträt wurde gegen den Willen des Autors zur Karikatur. Nun hat Adolf Bartels neuerdings wiederum das Wort ergriffen und in einem Büchlein von nur 28 Seiten Umfang, das sein Verleger Ed Avenarius in Leipzig an literarisch Interessierte abgibt, der deut schen Literatur das Horoskop gestellt. Es ist ein gewagtes und beinahe unwissenschaftliches Unterfangen, die Zukunft unserer Literatur Voraus sagen zu wollen. Etwas wirklich Zuverlässiges läßt sich nur über das Vergangene sagen, schon bei der Feststellung des gegenwärtigen Literaturbestandes, bei einer Art kritischer Inventaraufnahme, ergeben sich Zwiespältigkeiten, über die Entwickelung gar sind die Anschauungen um so verschiedener, als es die Standpunkte sind, von denen aus der Eindruck gewonnen wird. Ein jeder sieht gern die Anzeichen jener Ent wickelung, die er zu fördern gewöhnt ist. Auf unsere deutschen Universi täten schließt darum die „wissenschaftliche" Literaturgeschichte gerade da ab, wo sie von feiten der Jugend mit verdoppeltem Interesse betrachtet wird. Diejenigen Professoren, die über Ibsen und Hauptmann sprechen, gelten bereits als modern und kühn. Adolf Bartels legt den Hauptnachdruck in seinem Schriftchen, das er als „Einsichten und Aussichten in der deutschen Literatur" bezeichnet, wie immer auf den n a t i o n a l e n Faktor. Er verkennt dabei nicht, daß nationale Talente in engerem Sinne heute selten sind, daß die ,Dekadenzlit«ratur" andererseits weit bester organisiert sei. Und er verlangt die Rückkehr zum historischen Drama großen Stils und die Schaffung eines modernen Problemdramas. „Das mythische Drama ist aus Generationen hinaus hinreichend durch Richard Wagner vertreten, da braucht nichts Neues zu kommen." In dieser Formulierung liegt der inlsche Standpunkt von Bartels offen zutage. Er möchte der Literatur diktieren, was sie zu leisten hat, er schreibt ihr den Weg vor, den sie gehen soll. Welchen Zweck haben derartige Postulate? „Da braucht Für die ehrengerichtliche Behandlung scheidet Major a. D. Graf zu Lynar aus, da er nicht die Berechtigung zum Tragen der Uniform be- sitzt und somit den militärischen Ehrengerichten nicht untersteht. Für die beiden beteiligten Generäle, liegen die Verhältnisse insofern unge wöhnlich, als es für sie einen dauernd bestehenden Ehrengerichtshof — wie für die Offiziere bis zum Obersten — nicht gibt. Die Verordnung über die Ehrengerichte vom 2. Mai 1874 sagt hierüber: „Tritt die Not wendigkeit ein, gegen einen General . . . ehrengerichtlich einzuschreiten, so wird das Nötige jedesmal besonders vom Obersten Kriegsherrn be- stimmt." Daß gegen den Grasen Hohenau vorgegangcn wird, der zur zeit in Schlesien auf dem Lande bei Verwandten seiner Gemahlin weilt, steht wohl außer Frage. Graf Moltke dürfte, wie in ihm nabe- stehenden Kreisen verlautet, dagegen selbst einen ehrengerichtlichen Spruch über sich beantragen. Zwar besteht die Ansicht, daß weder aus der in militärischen Kreisen vielfach sehr skeptisch aufgenommenen Aus sage seiner geschiedenen Gemahlin, noch aus seinen Aeußerungen über die Person des Kaisers („Liebchen") eine Verfehlung gegen den Ehren koder des Offiziers konstruiert werden kann, doch bleibt, bei dem unter bliebenen Zeugnis des Barons von Berger, noch ein wesentlicher Punkt — der zeitliche Beginn der Verpflichtung zum Moltkeschen Vorgehen gegen Harden — ungeklärt. Aus diesem Grunde wird, falls nicht schon die neue Instanz entgegen dem schöffengerichtlichen Urteil eine Aul- Heilung und Rechtfertigung Moltkes ergeben sollte, diese Streitfrage zwischen dem Grafen und dem Herausgeber der „Zukunft" zweifellos späterhin ehrengerichtlich zu klären sein. „Sächsische Studenten in Aenn." Unter diesem Titel leistet sich das Pestcr Kossuthistenblatt „Anap" eine gemeine Denunziation der siebenbürgisch-sächsischen Hochschülcr. Es heißt dort u. a.: „Die sicbenbürgischcn, pangermanischen Bürschchen besuchen die Universität Jena in großer Anzahl und benützen dort jede Gelegenheit, um ihre Umgebung mit den unverschämtesten, niederträch tigsten Lügen zu versehen. Diese sächsischen Jüngelchen gehen so weit in ihrer Schamlosigkeit, daß sie in das Album der Universität ihre Geburtsorte mit der rechtlich nicht existierenden (!) deutschen Be zeichnung diktieren, und daß sic als ihr Geburtsland, damit ja nur nicht von Ungarn die Rede sei, Siebenbürgen einschreiben. Es wäre gut, wenn man diesen sächsischen jungen Herren irgendwie auf die Nase hauen würde." Der Einsender dieser Zuschrift ist ein an der Uni versität Jena studierender Magyare. In einem anderen magyarischen Blatt wird gefordert, daß man in Ungarn die Studienzeugnisse dieser sächsischen Studenten nicht anerkenne — ein Wink mit dem Zaunpfahl an die Prüfungskommission! —, und hier wird auch mit großer Genug tuung mitgeteilt, daß die Magyaren es in Jena nach „wiederholten, energischen Vorsielluna-n" durchaesekt basten, haß im Studentenverzeick- nis die magyarischen «nd nicht die deutschen Ortsnamen eingetragen und gedruckt wurden. — Was nun die siebenbürgisch-sächsischen Studierenden in Jena betrifft, so läßt sich an der Hand des Studentenvexzeichnisses feststellen (leider!), daß von den 14 dort immatrikulierten Sachsen bloß vier im Universitätssekretariat „Siebenbürgen" als ihr Heimatland an gegeben haben, was doch kein Verbrechen am ungarischen Staat ist, da den geographischen Begriff Siebenbürgen keine ungarische Staats allmacht austilgen kann. Sprechen doch die magyarischen Zeitungen ganz ahnungslos von „siebenbürgischen" Studenten. Die deutschen Orts namen sind selbstverständlich von allen Sachsen eingetragen worden, da selbst das berüchtigte ungarische Ortsnamengesetz nur für bestimmten internen Amtsgebrauch innerhalb Ungarns die magyarisierten Orts namen vorschreibt. Die deutsche Universität zieht selbst dieses Gesek noch nicht in seinen Rechtskreis. Die Frechheit liegt also ganz auf feiten der magyarischen Eindringlinge an deutschen Hochschulen, die hier auf Kosten deutschen Sprachgutcs nationale Eroberungen machen wollen. Tief bedauerlich ist es aber, wenn deutsche Universitätsbehörden solchen Zumutungen gegenüber nicht die gebührende Antwort finden, ja sogar durch die „energischen Vorstellungen" der dreisten Betyarcujüng- linge sich ins Bockshorn jagen lassen! nichts Neues zu kommen" — was hat eine derartige rein persönliche (und vielleicht auch nur momentane) Empfindung mit literarischer Kritik zu tun? Bartels fordert das nationale historische Drama. Er gibt zu, daß uns mit der Anlehnung an Schiller in diesem Falle nicht, gedient sein kann, daß Kleist, Hebbel und Otto Ludwig die Vorbilder sein müssen. Er vergißt dabei aber zweierlei: einmal, daß diese Vorbilder noch gar nicht bodenständig im deutschen Volke sind, daß trotz aller Bemühungen weder Hebbel noch Kleist noch Ludwig sich auf dem deutschen Theater repertoire halten können, daß Schiller, obwohl formell überholt, immer noch der Herrschende ist. Und dann, daß der kosmopolitische Austausch in der Kunst ebenso wie auf dem Gebiet der Industrie einfach nicht zu hemmen ist, daß trotz der Sonderbestrebungen der Heimatkunst der kos mopolitische Faktor heute integrierend geworden ist. Man braucht nur an Ibsen, an Strindberg oder Zola zu erinnern. Dieser kosmopolitische Geist herrscht nicht nur, er wird von unseren literarischen Führern auch empfunden und emvfohlen. Ja, schon Wie- land und Schiller sind dem Weltbürgcrlichcn ehrlich zugetan, und Jean Paul konnte seinen deutschen Namen unbedenklich französisieren. Das ist auf allen Gebieten so: Berlioz und Bizet werden durch das Ausland groß, Schopenhauer und Nietzsche haben ihre Gemeinde in Frankreich so gut wie in Deutschland, Ruskin und Emerson wirken nach Deutsch land hinüber, Wagner (und Richard Strauß) werden in Frankreich heimatherechtigt, die Goncourts setzen sich fort in Hermann Bahr und Rudolf Lothar, M. G. Conrad ist ohne Zola ganz undenkbar, Paul Verlaine beeinflußt Richard Dehmel. Es ist ein beständiges Wechsel wirken, und es ist wohl kein einziger Grund vorhanden für die Annahme, daß sich dieses kosmopolitische Gegenseitigkeitsverhältnis in nächster Zeit ändern werde. Im Gegenteil: Lebendes wirkt auf Lebendes. Auch der energischste Hinweis auf die Klassiker oder die Muster von vorgestern wird praktisch keine Literatur schaffen. Wenn Bartels jetzt die Rückkehr zum histo rischen Drama fordert, so möge er daran erinnert sein, daß eine ähnliche Forderung kurz nach Schillers Tod bereits erhoben wurde, daß sie nicht nur erhoben, sondern länger als ein Menschenalter sogar befolgt wurde. Was ist aber dabei hcrausgekommen? Nur mit Unmut gedenken wir heute jener tausend und ein Nachahmer, die in Schillers Geiste „arbeiteten" und von denen nur hie und da einer einen vorübergehenden Schein erfolg aufwcisen konnte. Wer weiß heute noch etwas von Heinrich Joseph von Collin und seinem Bruder Mathäus, von August Klinge mann und Franz Ignaz von Holbein, von Ernst Raupack, der fünttehn Hohenstaufen-Dramen hinterließ, von Jmmermanns „Trauerspiel in Tirol" und seiner Trilogie „Alexis"? Wer kennt Grabbes Hohenstaufen- Dramen? Ist nicht sogar Grillparzer nahezu auf den Aussterbeetat gesetzt? All das müßten doch Schaffende nach Bartels' Sinn sein, denn sie alle wollen zurück zum historischen Drama großen Stils. Nur daß sie sich an Schiller selbst anlehnen, wozu sie in ihren Tagen wohl ein gutes Recht hatten. Deutscher Reich. Leipzig, 2. November. * Ter Kaiser hat dem Zentralverbande Deutscher Industrieller auf das Huldigungstelegramm der Delegiertenversammlung vom 28. Oktober folgende Antwort zugehcn lassen: Die freundliche Kundgebung der zu ernsten Beratungen versammelten Vertreter der deutschen Industrie hat mich sehr erfreut und spreche ich dem Deutschen Zentralverbande meinen wärmste» Dank aus. Möge es dem einmütigen und verständigen Zu sammenwirken der Leiter, Beamten und Arbeiter der industriellen Werke gelingen, der deutschen Industrie das Hobe Ansehen, welches sie sich durck rastlme Arbeit, Tüchtigkeit und Zuverlässigkeit errungen hat, und ihren schönsten Ruhmestitel, in der sozialen Fürsorge für die Arbeiterschaft an der Spitze der Weltindustrien zu marschieren, dauernd zu erhalten. Wilhelm I. R. * Ja der BunSrSratssitzung, die gestern unter dem Vorsitz des Staatssekretärs v. Bethmann-Hollweg abgehallen Worten ist, wurte, wie der „R.-A." ergänzend bemerkt, das Schlußprotokoll der am 6. 18. Ma> d. I. in Bern abgchaltenen Internationalen Konferenz sür Technische Einbeit im Eisenbahnwesen den zuständigen Ausschüssen über wiesen. Den Anträgen der Ausschüsse, betr. Aenderung der Zollgrenze um daS Bremerhavener Zollausichlußgebiet und betreffend Zulassung des Baues und der Reparatur von Schiffen im Zollausschluß- gebiete zu Geestemünde und Verlegung der Zollgrenze, wurde zuge stimmt. Annahme fand ferner der Ausschußantrag, betreffend Fest stellung der Anteile der einzelnen Bundesstaaten an den Einnahmen aus der ReichserbschastSsteuer. Dem Faber-Krankenhaus in Tsingtau wurde die Rechtsfähigkeit verliehen. Schließlich wurde über mehrere Eingaben wegen Zollerlaß und über sonnige Eingaben Beschluß gefaßt. — Die ReichserbschastSsteuer ist noch nichl endgültig geregelt. Es ist vielmehr be stimmt worden, daß bis zum Ablauf des Rechnungsjahres 1910 den einzelnen Bundesstaaten mindestens der Betrag ihrerDurchnbmttseinnahme an Erb schaftssteuer in den Rechnungsjahren 1901 bis 1905 verbleibt. Wegen der Feststellung dieser Durchschnitiseinnahme ist auch Vorsorge getroffen. Bei ihr soll, der Rohertrag auö der Besteuerung des Erwerbes der Abkömm linge und Ehegatten und, soweit in einzelnen Staaten höhere als die im Reichsgesetze wegen Besteuerung der Erdschatten vorgesehenen Steuersätze in Geltung gewesen sind, der aus dem Unterschiede der Steuersätze sich ergebende Mehrbetrag außer Aniatz bleiben. Da dem BundeSraie der Erlaß der näheren Anordnungen hierüber ausdrücklich im Gesetze Vor behalten ist, so handelt es sich also bei seinem neuesten Beschlüsse um die Ausführung einer ihm im ReichserbschaftSsteuergesetze gegebenen Vollmacht. * König Otto von Bayer». AuS München wird uns geschrieben. Wie alljährlich, stellen sich auch diesmal wieder die Gerüchte ein, daß im Befinden deS unglücklichen Monarchen eine bedeutende Verschlechierung eingetreten sei. Wie alljährlich nehmen die Meldungen ihren Weg über Wien, wie bisher alstährlich beruhen sie aus Erfindung. König Otio befindet sich geistig und körperlich in der gleichen Verfassung wie früher, d. h. seine geistige Umnachtung hindert nicht seine köiperliche Gesundheit. UebrigeuS sind die Gerüchte, als sie in der vorigen Woche in etwas anderer Weise auftralen, offiziös dementiert worden. An einer Ver schleierung hätte niemand ein Interesse. * Tie BiUtuug einer Veulsche» Kolonialarmee wird nach der „Ins." an „maßgebender Stelle" angeblich ernstlich erwogen. Dabei werden folgende Gesichtspunkte hervorgehoben: 1) Jede unserer Kolonien erhält eine so starke Sckmtztruppe, daß sic sich gegen Aufstände aus eigener Kraft wehren kann. In solchen Kolonien, die nicht nur rein wirtschaftliche, sondern auch vor allein militärische Bedeutung Haden, muß die Truppe so stark sein, Laß sie eventuell auch offensiv werden kann. In ihrer Verwendung und Dislokation soll sie dem Gouverneur unterstellt sein. Stellenbesetzung, Verwaltung, Ausrüstung, Bekleidung besorgt das Oberkommando Dem patriotischen Genre verwandt ist dos heimatliche. Und bei allem Kosmopolitismus unserer zeitgenössischen Literatur hat sich die Heimatkunst gebildet und behauptet. Aber auch von ihr Et uns das Heil bis jetzt nicht gekommen. Wenn wir Wilhelm von Polenz und Clara Viebig nennen, so sind wir schon am Ende. Denn all diele Dutzendtalenle (Helene Voigt-Diederichs, Ernst Zahn, I. C. Heer Gustav Frenssen, Fritz Lienhard und — Adolf Bartels) heben unsere zeitgenössische Literatur nicht ans den Angeln. So anerkennenswert manches von dem ist, das sie geschaffen, fruchtbar im tiefsten Sinne ist diese Kunst auch nicht. Im Drama vollends hat sie noch gar nichts zu- Wege gebracht, will man nicht etwa Hauptmann zu den Hcimaltünftlern rechnen, was sehr oberflächlich wäre, oder gar Anzengruber als Zeugen ousrufen, der nicht der Entwicklung, sondern der Vergangenheit an- gehört. Den Fall also angenommen, daß es der deutschen Literatur einsicle, den Lockrufen von Adolf Bartels zu folgen, so würde das Publikum iür das historische Drama großen Stils voraussichtlich^ fehlen. Die Zeit ist vorüber, da man das höchste dramatische Ziel im Historischen erblick», ebenso wie die Tage vorüber sind, in denen man Epen und mehrbändige Romane las. Die Kulturbedingungen sind andere, darum haben sich auch die literarischen Empfindungen und Bedürfnisse gewandelt. Man kann das beklagen, aber man soll es nicht leugnen wollen. Es gibt keinen schlagenderen Beweis dafür, daß Schillers Geist in uns nicht mehr lebendig ist und nicht lebendig gemacht weiden kann, als den, daß von seinen wichtigsten theoretischen Forderungen noch nicht ein Joia verwirklicht ist. Man lese heute — nach mehr als hundert Jahren — die glänzende Abhandlung über die „Schaubühne als moralische An stalt", man beobachte, wie viele unserer . modernsten" Forderungen sich mit denen Schillers decken, und man prüfe, was von ihnen verwirklicht ist und verwirklicht zu werden einige Aussicht hat. Man führt Schillers Dramen auf. Sogar oft. Aber sie bilden nur einen Bruchteil des Re pertoires. Wenn heute Scbiller das Wort hat, so hatte es vorgestern und gestern der Anti-Schiller, und morgen wird er es wieder haben. Mit seinen Resormgedanken ist Schiller ebeniowenig durchgcdrungen als Wagner mit seiner Bayreuther Idee. , . - r Notwendigerweise fragt inan sich in diesem Zusammenhang: ist unser literarisches Dasein ober nicht hoffnungslos, wenn wir nickt die Kraft haben, zum historischen Drama großen Stils (und damit letzten Endes dock wieder zu Schiller) zurückkehrcn? Diese Frage werden die um Bartels sofort bejahen. Man kann sic aber aus guten Gründen auch verneinen. Bartels selbst gibt zu: „Homerische Epen sind freilich wohl kaum noch möglich, auch etwas wie das Nibelungenlied kann unter uns nickt mehr geschaffen werden." Das historische Drama aber dünkt ihm möglich. Die Tatsache, daß Wildenbruch (wer käme sonst ernstlich in Frage?) bereits nicht mehr bodenständig unter nnS ist, sollte ihn mahnen, weniger kurzsichtig zu kein. Wir von beute fühlen uns keines- wegs bankrott. Wir stellen den Idealen des angehenden 18. Iahe-
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