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Du wirst es mir, von mir gebären; Du hast den Glanz in mich gebracht, Du hast mich selbst zum Kind gemacht. Er faßt sie nm die starken Hüften Ihr Atem küßt sich in den Düften. Zwei Menschen gehn durch hohe, helle Nacht. Bewundernswert hat Schönberg in dem einsätzigen Stück, das noch nichts von der späteren Entwicklung seines Schöpfers ahnen läßt, die Möglichkeiten des Klangkörpers ausgenutzt, eine überwältigende Fülle von Klangfarben und Effekten erzielt. Der unendliche Reichtum der Melodien und üppig-sinnlichen Harmonien entkräftet nicht zuletzt jene Behauptungen, Schönbergs Hinwendung zur sogenannten „Atonalität“ und Dodekaphonie sei das Eingeständnis der Unfähigkeit, „schöne“ Musik schreiben zu können. Formal sind hier Sonatenhauptsatz und Sonatenzyklus ineinander verschränkt. Im Jahre 1839 schrieb Robert Schumann seiner Braut Clara Wieck über die geplante Komposi tion eines Klavierkonzertes, das er ihr zugedacht hatte: „Es wird ein Mittelding zwischen Sinfonie, Konzert und großer Sonate; ich kann kein Konzert für Virtuosen schreiben und muß auf etwas anderes sinnen”. Schon sehr viel früher hatte sich Schumann mit dem Plan eines Klavierkonzertes beschäftigt. Bereits von dem 17jährigen existieren Notizen über den Entwurf eines Konzertes in E-Dur, dem während seiner Studienzeit in Heidelberg die Arbeit an einem anderen in F-Dur folgte; von beiden Entwürfen ist jedoch nichts mehr erhalten. Das Klavierkonzert a-Moll op. 54 entstammt den Jahren 1841 bis 1845. Nachdem der Komponist 1841 den ersten Satz des Konzertes als selbständige „Konzertfantasie für Klavier und Orchester” vollendet hatte, entstanden erst vier Jahre später die beiden anderen Sätze des Werkes. Die Uraufführung fand am 4. Dezember 1845 mit Clara Schumann als Solistin in Dresden statt. Kurz danach wurde es auch im Leipziger Gewandhaus, hier unter der Leitung Felix Mendelssohn Bartholdys, aufgeführt. Der große Erfolg, den das Werk von Anfang an hatte, ist ihm stets treu geblieben. Tatsächlich stellt das a-Moll-Klavierkonzert - Schumanns einziges Konzert für dieses -Instrument - nicht nur eines der genialsten und auch der bekann testen Werke des Meisters dar, sondern gehört zu den schönsten und bedeutendsten Schöpfungen dieser Gattung überhaupt. Zu einer Zeit geschrieben, als die von Mozart und Beethoven geprägte klassische Form des Klavierkonzertes viele Komponisten dazu verführte, unselbständig diese großen Vorbilder nachzuahmen, brachte Schumann in seinem Konzert in schöpferischer Weiterentwicklung, dem neuen romantischen Geist seiner Epoche entsprechend, formal wie inhaltlich ganz Neues und Eigenes und prägte so den Typus des romantischen Klavier konzertes, zu dessen Inbegriff sein Werk wurde. Das Klavier steht bei ihm, dem Klavierkom ponisten von stärkster Eigenart, mit neuen, kühnen Klangkombinationen und Wendungen zwar unbedingt im Mittelpunkt des Geschehens, ist dabei aber ganz in den Dienst der Kom positionsidee gestellt und verzichtet - trotz schwierigsten Aufgaben für den Solisten - voll kommen auf jede äußerliche Virtuosität und leere technische Brillanz. Gleichzeitig jedoch gelingt Schumann in seinem Klavierkonzert (im Gegensatz zu Chopin, dem einzigen Meister der Zeit, der ihm in der Gestaltung des Klavierparts seiner beiden Konzerte kongenial ist) auch eine großartige Verschmelzung von Klavier- und Orchesterklang, die Schaffung einer Einheit zwischen solistischem und sinfonischem Element. Soloinstrument und Orchester dienen in schönster gegenseitiger Durchdringung gemeinsam dem musikalischen Ausdruck, der Darlegung einer unermeßlich reichen Fülle von Gedanken, Gefühlen und poetischen Stim mungen, in herrliche Melodien und edle Formen gefaßt. Drängende Leidenschaft und Sehnsucht bestimmen den Charakter des ersten Satzes (Allegro affettuoso). Nach einer kraftvoll-energischen Einleitung durch das Klavier ertönt zuerst in den Bläsern, dann vom Solisten wiederholt, das schwärmerische Hauptthema, das in seinen Motiven als Leitgedanke des Werkes in allen Sätzen wiederkehrt. Darauf entwickeln sich im reizvollen Wechsel zwischen Orchester und Solisten nacheinander eine Reihe der verschieden artigsten Bilder und Stimmungen, wobei das Hauptthema mit seinen einzelnen Teilen, dem hier kein eigentliches zweites Thema entgegengestcllt wird, in wechselnder Beleuchtung, der Phantasie breitesten Spielraum gebend, den Verlauf des Satzes beherrscht. Die Reprise hat ihren Abschluß und Höhepunkt in der breit angelegten, verinnerlichten Kadenz des Solo instrumentes. Kraftvoll vorwärtsstürmend wird der Satz danach abgeschlossen. Völlig entgegengesetzt erscheint der kurze zweite Satz (Intermezzo - Andantino grazioso), der durch die überaus poetische, graziöse Wiedergabe ruhiger, gelöster Empfindungen gekenn zeichnet wird. In feinem Dialogisieren zwischen Klavier und Orchester über ein Thema, das dem Hauptthema des ersten Satzes entstammt, entfaltet sich ein anmutiges, subtiles Spiel. Der kantable Mittelteil des Intermezzos bringt ein ausdrucks- und gefühlvolles Thema, das zuerst von den Violoncelli vorgetragen wird, während sich das Klavier in zarten Arabesken ergeht. Auch das schwungvolle, frische Hauptthema des unmittelbar anschließenden Finalsatzes (Allegro vivace) wurde aus dem Hauptthema des ersten Satzes gewonnen, und zwar diesmal durch eine rhytmische Verschiebung. Das sprühende, fast tänzerisch anmutende Finale nimmt einen leiden schaftlich-bewegten, farbigen Verlauf und endet auch nach einer im wesentlichen vom Solo instrument getragenen Schlußstcigerung in lebensbejahender, frcudig-wcltzugewandter Haltung. Das Klavierkonzert Nr. 2 B-Dur op. 83 von Johannes Brahms entstand in den Jahren 1878 bis 1881 und wurde am 9. November 1881 mit dem Komponisten als Solisten in Budapest uraufgeführt - 22 Jahre nach der Uraufführung seines 1. Klavierkonzertes (d-Moll, op. 15). Bereits damals, nach dem Mißerfolg des 1. Konzertes, hatte Brahms dem Geiger Joseph Joachim Ende 1859 geschrieben: „Trotz alledem wird das Konzert noch einmal gefallen, und ein weiteres soll schon anders lauten“. Und tatsächlich unterscheidet sich das dem Lehrer und Freund Eduard Marxen gewidmete 2. Klavierkonzert in seinem Charakter gänzlich von dem vorhergehenden. Das Werk, von dessen Entstehung der Meister - allerdings recht „untcr“trcibcnd - zuerst seiner Freundin Elisabeth von Herzogenberg berichtet hatte („Erzählen will ich, daß ich ein ganz, ein kleines Klavierkonzert geschrieben, mit einem ganz, einem kleinen Scherzo“), ist im Gegensatz zu dem größtenteils dunkel und ernst gehaltenen 1. Konzert in seiner Grundstim mung fast durchweg hell und farbig, heiter und optimistisch, wenngleich es auch tragischer Töne nicht entbehrt. Bewußt an positive Traditionen der Klassik und Romantik anknüpfend, ist das viersätzig aufgebaute B-Dur-Konzert in seinem klassischen Ebenmaß, seiner ausgesprochen volkstümlichen Haltung und seinem großen Empfinden unterschiedlichster Art Ausdruck verleihenden Erfindungsreichtum eines der schönsten und vollendetsten Werke überhaupt. Ein weiches Hornsolo, das zu einem stimmungsvollen, wohllautenden Frage- und Antwortspiel zwischen Bläsern und Soloinstrumenten führt, eröffnet den ersten Satz (Allegro non troppo). Erst eine machtvolle Kadenz des Solisten löst den Einsatz des vollen Orchesters aus; strahlend erklingt jetzt im Tutti die erweiterte Hornmclodic. Zusammen mit dem romantischen zweiten Thema und einem weiteren, rhythmisch lebhaften Thema ungarischer Herkunft wird es in der ungemein spannungsreichen, Klavier und Orchester in gleichem Maße einsetzenden Durch führung kunstvoll verarbeitet. Nachdem das motivische Material, nun verändert und um gedeutet, in der Reprise noch einmal vorübergezogen ist, beschließt die kraftvolle Coda den an wechselnden Stimmungen und mannigfaltigen Gestaltungen überaus reichen Satz. Der folgende Satz (Allegro appassionato), in d-Moll stehend, hebt sich scharf von dem voran gegangenen Allegro ab. Ein wildes, übermütiges, jäh aufwärtsstrebendes Hauptthema, dem ein zarteres Seitenthema der Streicher gegcnübergestellt wird, bestimmt die Entwicklung dieses insgesamt stürmisch-virtuos angelegten Musikstückes, das eine große sinfonische Durch führung mit zahlreichen, zum Teil etwas dämonisch-bizarren, ausgelassenen Seitengedanken aufweist. Straffe Rhythmik dominiert im D-Dur-Trio des Satzes. Das zu Beginn vom Solocello vorgctragenc gefühlvolle Thema des dritten Satzes (Andante) zeigt eine starke Ähnlichkeit mit der Melodie des von Brahms im Sommer 1886 komponierten Liedes „Immer leiserjwird mein Schlummer“. Zart und ausdrucksvoll, gleichsam improvisierend, paßt sich das Soloinstrument mit begleitenden Figuren dieser innigen, wunderschönen Melodie an. Auch das der Klarinette übergebene Thema des kurzen Mittelteils begegnet uns in einem Brahms-Lied („Todessehnen“) wieder. Rondoartiges Gepräge trägt schließlich das fröhliche, musikantische Finale des Konzertes (Allegretto grazioso), dessen kapriziöses, anmutiges Hauptthema zunächst vom Klavier solistisch dargeboten wird und im Verlauf des Satzes in verschiedener Beleuchtung immer wieder erscheint. Auch die für Brahms’ Thematik so typischen ungarischen Anklänge tauchen hier wieder auf, besonders in den Terzen- und Sextengängen eines Seitenthemas. Geistvolles, gelöstes Konzer tieren von Soloinstrument und Orchester kennzeichnet diesen Satz, der das Werk mit hin reißendem Schwung und bezaubernder, liebenswürdiger Grazie beendet. Dr. Dieter Härtwig 13. AUSSERORDENTLICHES KONZERT am 30. April und 1. Mai 1966, jeweils 19.30 Uhr, Kongreßsaal Kyrill Kondraschin, Sowjetunion, dirigiert Werke von Mendelssohn Bartholdy und Schostakowitsch Freier Kartenverkauf Programmblättcr der Dresdner Philharmonie-Spielzeit 1965/66-Künstlerischer Leiter : Prof. Horst Förster Redaktion : Dr. Dieter Härtwig Druck: Grafischer Großbetrieb Völkerfreundschaft Dresden, Zentrale Ausbildungsstättc 39/35 III 9 5 ItG 009 19 66 R o 12. AUSSERORDENTLICHES KONZERT 1965/66