Epidemiologie und klinische Aspekte der Sepsis durch ESBL-produzierende Bakterien

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/98298
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-982982
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-39679
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2020-02-21
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Medizin
Gutachter: Tacconelli, Evelina (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2020-01-22
DDC-Klassifikation: 610 - Medizin, Gesundheit
Schlagworte: Extended-Spectrum Beta-Lactamase
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Die zunehmenden Resistenzen von Bakterien gegenüber Antibiotika stellen eines der wichtigsten Gesundheitsprobleme in Europa dar. In den letzten zehn bis fünfzehn Jahren war vor allem eine ansteigende Tendenz ESBL- produzierender Bakterien auffallend. Die steigende Prävalenz der Antibiotikaresistenzen erhöht die Rate an nicht angemessenen Therapien, treibt den Gebrauch von Breitspektrumantibiotika wie Carbapenemen in die Höhe, und führt zu einer höheren Morbidität und Mortalität. Diese Studie basiert auf der Datenerhebung des INCREMENT Projektes, einer multinationalen, retrospektiven Studie. Es wurden die Daten von allen Patienten am UKT mit einer ESBL-positiven Blutkultur von Januar 2000 bis Dezember 2013 erfasst. Ziel dieser Studie war es, epidemiologische Daten und klinische Aspekte von Infektionen mit ESBL-produzierenden Bakterien näher zu betrachten und mit den internationalen Daten des INCREMENT Projektes zu vergleichen. Außerdem sollte die antibiotische Therapie anhand des Outcomes bewertet werden und die Risikofaktoren für eine erhöhte Mortalität untersucht werden. Seit 2007 war eine deutliche Zunahme ESBL-produzierender Bakterien am UKT zu verzeichnen. Die ESBL-Rate und die -Inzidenz haben sich von 2007 bis 2013 verfünffacht, wobei sich die Zahlen von E. coli und K. pneumoniae im Vergleich zu Deutschland und Europa niedriger präsentierten. Die meisten Infektionen waren durch E. coli verursacht und zeigten sich klinisch durch HWIs. Etwas mehr als die Hälfte der Infektionen waren ambulant erworben, was die zunehmende Bedeutung von ESBL-produzierenden Bakterien in der Allgemeinbevölkerung widerspiegelt. Drei Viertel der Patienten waren nach vierzehn Tagen geheilt oder in einem besseren Gesundheitszustand, was auf eine gezielte Therapie mit Carbapenemen zurückzuführen ist. Die Patienten ohne Besserung erfüllten mehrere Risikofaktoren für einen schlechten Outcome. Es konnte keine signifikante Assoziation einer angemessenen empirischen Therapie mit der 30-Tages-Mortalität gezeigt werden. Erstaunliche 41 % erhielten eine nicht angemessene empirische Therapie. Bei den 82 betroffenen Patienten waren Infektionen mit anderen Bakterien als E. coli häufiger und der mediane Krankenhausaufenthalt länger. Ungefähr die Hälfte der Patienten wies Risikofaktoren für multiresistente Bakterien auf, die auf die Notwendigkeit einer breiten Therapie hätten hinweisen können. Trotz einer nicht angemessenen empirischen Therapie kam es bei fast drei Viertel der Patienten zu einer Besserung innerhalb von vierzehn Tagen, was die Bedeutung der frühen antibiogrammgerechten Therapie unterstreicht. Die 30- Tages-Mortalität lag mit 19 % im Vergleich zu anderen Studien etwas niedriger. Als bedeutende Risikofaktoren erwiesen sich die Infektion mit ESBL- produzierenden K. pneumoniae, unbekannte Infektionsquellen sowie ein schlechter Gesundheitszustand. Weitere Faktoren waren andere Infektionsquellen als die Harn- oder Gallenwege, nosokomial erworbene Infektionen, der Aufenthalt auf einer Intensivstation, Grunderkrankungen, eine schwere Sepsis, eine nicht angemessene empirische Therapie und eine kürzere Dauer der gezielten Therapie. Die empirische Therapie wurde insgesamt am häufigsten mit einem BLBLI durchgeführt. Bei 43 % der Patienten wurden trotz Sensibilität gegenüber dem BLBLI auf ein Carbapenem als gezielte Therapie umgestellt. Carbapeneme wurden hauptsächlich für die gezielte Therapie verwendet. Dies widerspricht den Empfehlungen, Carbapeneme als Breitspektrumantibiotikum empirisch zu verabreichen und die weitere Therapie antibiogrammgerecht zu deeskalieren. Im internationalen Vergleich mit dem INCREMENT Projekt zeigten sich ähnliche Daten bezüglich der Erregerspezies, der Infektionsquelle und dem Erwerb der Infektion. Carbapeneme machten bei beiden Gruppen mehr als die Hälfte der gezielten Therapie aus. Die 14-Tages-Heilungsrate war am UKT im Vergleich zum INCREMENT Projekt etwas niedriger. Dafür zeigte sich die 30-Tages- Mortalität beim INCREMENT Projekt fast doppelt so hoch im Vergleich zum UKT. Die INCREMENT-Daten bestätigen, dass eine verspätete gezielte Therapie die 30-Tages-Mortalität signifikant steigert. In beiden Gruppen wiesen vor allem antibiotische Kombinationen auf eine höhere Mortalität hin. Die Wirksamkeiten der einzelnen Antibiotika konnten aufgrund der geringen Stichprobenanzahl nicht im Vergleich beurteilt werden. Weitere Studien sind 83 hierzu notwendig. Darüber hinaus mangelt es an Daten über Risikofaktoren bedingt durch die Vorgeschichte der Patienten. Neben den ESBL-produzierenden Bakterien ist in den kommenden Jahren vor allem mit dem vermehrten Auftreten von multiresistenten Erregern wie 4MRGN zu rechen. Die restriktive Anwendung von Antibiotika und die kontinuierliche Surveillance der Resistenzraten werden von höchster Priorität bleiben. Die Krankenhäuser müssen die Schwere der Problematik erkennen und sich intensiv mit den Möglichkeiten der Therapie und der Präventionsmaßnahmen auseinandersetzen. Das UKT zeigt bereits eine vorbildliche Entwicklung mit dem Rückgang der ESBL-Rate seit 2013.

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